Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

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Buch I. 
Christl. Alterihum. 
Byzantini scher Styl. 
welche wir hier nach dem allbekannten, sehr passenden Gleich- 
niss, mumienhaft auf weitere tausend Jahre einbalsamirt fin- 
den. k) Auf dem Throne, von orientalischem Prunk und 
Ceremoniell umgeben, sassen meist grausame Despoten oder 
Feiglinge; bei den Hofleuten des Pallastes verdeckte die 
scheinbare Demuth und Kriecherei einen Hang zu unaufhör- 
lichen Ranken und blutigen Verschwörungen. Diesem" Zu- 
Stande in den höchsten Kreisen entsprach der des geknechte- 
ten Volkes, wenigstens in der Hauptstadt. Es ist bezeich- 
nend, dass das höchste Interesse sich an die öffentlichen 
Spiele knüpfte, und dass dasselbe Volk, in Welchem jegliches 
politische YVollen erstorbcn war, über der Parteinahme für 
diese oder jene Abtheilung der Wettrenner im Hippodrom 
es noch zu einem grossen allgemeinen Aufruhr brachte. In 
das sonstige Leben theilten sich Luxus nnd Sinnlichkeit des 
Orients und römische Habgier. Die Wissenschaft war in ein 
trockenes Sammeln hineingerathen, die literarische Produktion 
todt und dem Volksleben fremd. Selbst das Christenthum, 
welches eben damals unter den germanischen Völkern den 
Grund zu der künftigen Einheit Europzüs legte, zeigt sich 
im oströmischen Reiche nur auf widerwärtigen Abwegen; 
dogmatische Streitigkeiten über das schlechthin Unbegreifliche 
waren aus den geistlichen Kreisen hinausgedrungexi und ver- 
wickelten nicht nur den Hof und die Regierung in die Wil- 
desten Händel, sondern dienten auch dem gemeinen Volke, 
dem schon in der guten Zeit die Sophistik und Disputirsueht 
eine andere Natur geworden, zum Hader und Zeitvertreib; 
wo sich aber positive Frömmigkeit zeigen wollte, da kam 
mönchische Selbstpeinigung und grausame Unduldsamkeit 
2. zum Vorschein. Das wichtigste politische Ereigniss im by- 
zantinischen Dasein (nächst den Kriegen mit Persern, Sara- 
eenen und Donauvölkern), nämlich der Bilderstreit knüpft 
sich an diesen durch vierhundertjährigen dogmatischen Zank 
grossgezogenen Fanatismus. Ursachen und Verlauf sind be- 
ü) Wir verweisen hier auf die meisterhafte Charakteristik des 
byzantinischen Lebens bei Schnaase (Kunstgesch. 111., S. 93 u. f).
	        
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