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Geschichte des
Span. Geistes
Inquisition, sondern er drang auch in seinem letzten Willen stark
in seine Familie und alle seine Nachkommen, sie möchten womöglich
ebenfalls in den Dienst dieser herrlichen Anstalt treten und jede
Stelle annehmen, die sie nur erlangen könnten, denn alle ihre
Aemter, versicherte er, wären verehrungswürdigßw) In einem
solchen Zustande der Gesellschaft war natürlich Alles, "was nur
einem wissenschaftlichen oder weltlichen Geiste nahe kam, unmög-
lich. Jeder glaubte; keiner forschte. In den höhern Ständen war
Alles mit Krieg oder Theologie und die meisten mit beidem be-
schäftigt. Die, welche aus der Literatur ein Handwerk machten,
dienten, wie Handwerker dies nur zu oft-thun, dem herrschenden
Vorurtheil. Alles was die Kirche anging, wurde nicht nur mit
Respect, sondern mit scheuer Verehrung behandelt. Geschicklich-
keit und Fleiss, einer weit besseren Sache würdig, wurden auf-
gewendet zum Preise jeder Thorheit, die der Aberglaube nur er-
funden hatte. Je grausamer und widersinnige1',_eine Sitte war,
desto grösser die Zahl ihrer Vertheidiger, obwohl niemand es
gewagt sie anzugreifen. Die Masse Spanischer Werke für die
Nothwendigkeit religiöser Verfolgung ist unübersehbar; und dies
fand statt in einem Lande, wo nicht Einer von Tausend daran
zweifelte, dass es ganz in der Ordnung sei, die Ketzer zu verbrennen.
Sodann die Wunder, cin andrer Haupthebel der Theologen, sie
traten im 17. Jahrhundert fortwährend ein und wurden fortwährend
berichtet. Alle Schriftsteller waren beeifert, über diesen wichtigen
Gegenstand etwas beizubringen. Auch Heilige standen in grossem
Ruf, und ihr Leben wurde vielfältig beschrieben und mit einer
Gleichgültigkeit gegen die Wahrheit, wie sie für. solche Schrift-
stellerei charakteristisch ist. Mit diesen und ähnlichen Fragen war
der Spanische Geist hauptsächlich beschäftigt. Mönchs- und Nonnen-
klöster, religiöse Orden und Kathedralkirchen wurden mit gleicher
H9) "Entrü en a1 aüo de 1622 25, ser Relator de! Consejo de la General Inqui-
siaion, cuyo empleo sirviö y desempeiö con todo honor muehos aüos." Und er erklärte
„en esta clausula de su Testamento: "Y por quanto yo y mis hermanos y toda nuestm
familia nos hemos sustentado, autorizado y puesto en estado con las honras y mer-
cedes, que nos ha hecho el santo Ofncio de 1a Inquisicion, ä quien hemos servido
como nuestros antepassados; encargo afectuosissimamente ü todos mis sucessores le
sean paru siempre los mas respetuosos servidores y criados, viviendo en dcupacion de
su santo servicio, procurando adelantarse y seialarse en äl, quanto les fuere possible,
en qualquieya de sus ministerios; pues todos son tan dignos de estimacion y vene-
racion." La Jllosqeeea, per Villawiciosa, Prologo, p. X-XII, edit. Madrid 1777.