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Untersuchung
des
Schott.
Geistes
lichsten Ereignisse stattfinden müsse. Sie wissen, dass jeder Wider-
spruch aufgelöst werden kann, wenn wir auch bei dem gegen-
wärtigen Zustande unseres Wissens der Aufgabe nicht gewachsen
sind. Dies ist ihr Glaube, und nichts kann sie ihm entfremden.
Die grosse Masse des.Volks hat einen anderen Glauben. Das
Unerklärte scheint ihr unerklärlich, und das Unerklärliche über-
natürlich. Die Wissenschaft hat eine grosse Menge natürlicher
Phänomene erklärt, und deswegen erscheinen selbst dem gemeinen
Manne diese Phänomene nicht länger als übernatürlich, sondern
werden natürlichen Ursachen zugeschrieben. Dagegen hat die
Wissenschaft die Phänomene der Geschichte noch n_icht erklärt,
folglich bemachtigt der theologische Geist sich ihrer und zwingt
sie in seinen Dienst. Auf diese Weise ist die berühmte und alte
Theorie entstanden, welche den Namen der moralischen Welt-
regierung erhalten hat. Das ist ein hochklingender Titel, und er
imponirt Manchem, der sich nie von ihm bethören lassen würde,
wenn er seine Ansprüche untersuchte. Denn er ist gerade wie die
andere Vorstellung, die wir eben betrachtet haben, nicht nur un-
wissenschaftlich, sondern im hohen Grade irreligiös. Ja, er ist
eine Anklage gegen die edelsten Eigenschaften der Gottheit. Er
ist ein Tadel gegen die Allwissenheit Gottes; er nimmt an, dass
das Schicksal der Völker nicht das Resultat vorhergehender und
sie umgebender Ereignisse, sondern ein specieller Gegenstand für
die Controle und das Eingreifen der Vorsehung sei. Er nimmt an,
dass es grosse öffentliche Zustände gebe, wo ein solches Eingreifen
nothwendig werde. Er nimmt an, ohne ein solches Eingreifen
könnten die Angelegenheiten nicht richtig verlaufen, sie würden in
Disharmonie und Verstimmung gerathen, und die Melodie und
Harmonie des Ganzen unvollständig sein. Und so verkündigen
dieselben Leute in einem Augenblick die göttliche Allwissenheit
und im nächsten eine Theorie, welche diese Allwissenheit auf
nichts zurückführt, denn sie legt dem allwissenden Wesen den
Fehler bei, dass sein Plan für die menschlichen Angelegenheiten,
in welchem er von Anfang an jeden Ausgang und jeden Erfolg
uorhergesehen haben muss, so unvollkommen angelegt sei, dass er
ihmufehlschlagen könne, dass der Plan nicht so gelungen ist, als
er hatte wünschen mögen, dass seine eigenen Geschöpfe ihn ver-
eitelt haben, und dass er verändert und seine Unordnung wieder
gut gemacht werden müsse, um ihn aufrecht zu erhalten. Der
grösste Baumeister des Universums, der Schöpfer und Erfinder