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des
Geschichte
Spin
Geistes
Verlaufs der Angelegenheiten, dessen wir eben gedacht, war der
Spanische Thron beständig mit talent- und einsichtsvollen Königen
besetzt. Ferdinand und Isatbella, Karl V. und Philipp II. bildeten
eine Reihe von Regenten, die in einem gleich langen Zeitraum in
keinem andern Lande ihres Gleichen finden. Durch sie Wurden
jene grossen Unternehmungen ins Werk gesetzt, und unter ihrer
Obhut stand Spanien in einer scheinbaren Blüthe. Was aber er-
folgte, als sie die Bühne verliessen, zeigte, wie künstlich dies
Alles gewesen und wie bis aufs Mark verrottet ein Regierungs-
system ist, das aufgepfropft werden muss, ehe es gedeihen kann,
das auf Unterthänigkeit und Ehrfurcht des Volks beruht und daher
mit seinen Erfolgen nicht von der Fähigkeit der Nation, sondern
von der Geschicklichkeit derer abhängt, denen die Interessen der
Nation anvertraut sind.
Philipp II., der letzte grosse König von Spanien, starb 1598,
und nach seinem Tode trat der Verfall mit verhängnissvoller Schnelle
ein. 79) Von 1598 bis 1700 sassen Philipp IIL, Philipp IV. und
Karl II. auf dem Thron; der Gegensatz, den sie zu ihren Vor-
gängern bildeten, War höchst überraschend. so) Philipp III. und
Philipp IV. waren faul, unwissend, unschlüssig und brachten ihr
Leben in den niedrigsten und sehmutzigsten Vergnügungen hin.
Karl II., der letzte aus dem östreiehischen Geschlecht, das sich
lässt aber nicht die allgemeine Anwendung zu, in der Sempere sie nehmen will; denn
in England und den Vereinigten Staaten von Amerika ist der Nationalwohlstand in
stetigem Wachsen gewesen, selbst wenn die Regenten sehr unfähige Männer waren.
79) "With Philip II. ends the greatness cf the kingdom, which from that period
declined with fearful rapidity." Dunhamfs .Histnry of Spain, V, 87. Und Ortiz
(Oampmdio, VII, Prologo, p. 6) stellt zusammen „la mnerte de Felipe II. y principios
de nuestra decadencia." Derselbe verständige Historiker bemerkt VI, 211: Wäre
Philipp III. seinem Vater gleich gekommen, so würde Spanien fortgeblüht haben.
Neuere Spanische Schriftsteller haben mit Rücksicht auf die starken Ausgaben, die
Philipps II. Politik herbeigeführt, und auf die Schulden, die er machte, den Verfall
mit seinen letzten Regierungsjahren beginnen lassen. Aber kein grosses Volk wurde je
und wird'nie durch die Verschwendung seiner Regierung gestürzt. Sie kann allge-
meine Uebelstände erzeugen und darf daher nicht geduldet Werden; aber, wäre hier
der Ort, so könnte ich leicht zeigen, dass grössere und dauernde Uebel, ausser der
Unbequemlichkeit, bei weitem nicht in dem Maasse daraus folgen, wie man gewöhn-
lich annimmt. "
80) "Abstraido Felipe III. en devocicnes, amante Felipe IV. de regocijos, morti-
ücado Carlos II. por padecimientos, cuidüronse poeo ö nada. de 1a gobernacion del
Estado, y eonfläronla s valides altsneros, codiciosos, incapaces, y de muy funegtß,
memoria." Rio, Historie ziel Reinado Zle Carlos III., Madrid 1856, I, 33.