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Schott.
Geistes
der Geist der Bigotterie und die Verfolgungssucht so weit verv
breitet. Auch kann sich kein Mensch hierüber wundern, wenn er
bedenkt, was dort vorgeht. Die Kirchen sind voll, wie sie es im
Mittelalter waren, voll von andächtigen unwissenden Gottesdienern,
die zusammenströmen, um einen Glauben predigen zu hören, wie
er nur des Mittelalters würdig war. Diese Glaubenslehren speichern
sie in ihrem armen Gehirne auf, und wenn sie nach Hause zurück-
kehren oder ihr Tagewerk beginnen, so richten sie sie ins Werk.
Und die Folge ist, dass ein unfreundlicher fanatischer Geist, ein
Widerwille gegen unschuldigen Frohsinn, eine Neigung, dem Genuss
Anderer eine Grenze zu setzen, ein Eifer, die Meinungen Anderer
auszuforschen und sich darein zu mischen, durch das ganze Land
läuft, wie man dergleichen kaum irgend sonstwo findet. Und da-
bei gedeiht ein nationaler Glaube, strenge und düster bis zum
Uebermaass, ein Glaube voller Ahnungen, Drohungen und Schrecken
aller Art, der sich darin gefällt den Menschen zu verkündigen, wie
erbärmlich und elend sie sind, wie wenige von ihnen selig werden
können und welch eine überwältigende Mehrheit nothwendig für
qualvolle unaussprechliche ewige Leiden übrig bleibt.
Ehe ich diesen Band schliesse, mag es am Orte sein, ein Er-
eigniss zu erzählen, das trotz seiner Neuheit und trotz der grossen
Aufmerksamkeit, die es zu seiner Zeit erregte, dennoch unter dem
Druck wichtiger Gegenstände verhältnissmässig in Vergessenheit
gerathen ist, obwohl es von grossem Interesse für die ist, die aus
den verschiedenen Formen des Nationalcharakters ein Studium
machen und ausserdem einen merkwürdigen Beleg für den Wider-
streit abgiebt, der noch immer zwischen dem Schottischen und
Englischen Geiste existirt, ein Widerstreit, der die grösste Aufmerk-
samkeit auf sich zieht, da er sich zwischen zwei Nationen vor-
findet, die neben einander wohnen, beständig mit einander verkehren,
dieselbe Sprache sprechen, dieselben Bücher lesen, demselben
Reiche angehören, dieselben Interessen haben und dennoch in
mancher wesentlichen Hinsicht so verschieden sind, als hätten sie
nie auf einander wirken können und als hätten sie nie irgend
etwas gemein gehabt.
Im Jahre 1853 suchte die Cholera, nachdem sie in manchen
Theilen von Europa bedeutende Verwüstungen angerichtet, Schott-
land heim. Dort musste sie natürlich unter dem schlecht genährten,
schlecht behausten und nicht gar zu reinlichen Volk zahlreiche
Opfer finden. Denn das ist über diese Krankheit am ausgemach-