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Geschichte
des
Span.
Geistes
der Mahomedzuier, der 'l'hron von Castilien hatte einen, der 'l"l1ron
von Aragonien einen andern Besitzer. Vor dem Jahre 1590 waren
diese Bruchstücke nicht nur zu einem Königreich vereinigt, sondern
auswärts wurden auch so reissende Eroberungen gemacht, dass sie
die Unabhängigkeit Europas in Gefahr brachten. Die Spanische"
Geschichte aus dieser Zeit ist ein langer ununterbrochener Erfolg.
Das Land, das noch kürzlich von Bürgerkriegen zerrissen und
durch feindselige Religionsparteien getheilt worden war, vermochte
in drei Generationen ganz Portugal, Navarra und Roussillon zu
seinem Besitz hinzuzufügen. Durch Diplomatie oder durch Waffen-
gewalt erwarb es Artois und Franche Comte nebst den Nieder-
landen; ebenso Mailand, Neapel, Sicilien, Sardinien, die Baleari-
sehen und Canarisohen Inseln. Einer seiner Könige war Kaiser
von Deutschland, und dessen Sohn erstreckte seinen Einfluss auf
den Staatsrath von England, dessen Königin er heirathete. Die
Macht der Türken, damals die furchtbarste in der Welt, wurde
gebrochen und von allen Seiten zurückgeschlagen; die französische
Monarchie wurde gedcmüthigt. Die französischen Heere unter-
lagen, einmal war Paris in unmittelbarer Gefahr, und ein König
von Frankreich wurde nach verlorner Schlacht gefangen genommen
und nach Madrid geführt. Ausser Europa waren die Thaten
Spaniens ebenso wunderbar. In Amerika erwarben die Spanier
einen Länderumfang, welcher GO-Breitengrade bedeckte und beide
Tropen einschloss. Ausser Mexico, Oentral-Amerika, Venezuela,
Neugranada, Peru und Chili eroberten sie Cuba, St. Domingo,
Jamaika und andere Inseln. In Afrika gewannen sie Oeuta, Me-
lilla, Oran, Bougiah und Tunis, und bedrohten die "ganze Küste
der Berberei. In Asien hatten sie Niederlassungen zu beiden
Seiten des Deccans; sie besassen einen Theil von Malacca und
setzten sich auf den Gewürzinseln fest. Endlich verbanden sie
ihre entferntesten Besitzungen durch die Eroberung des herrlichen
Archipels derPhilippinen, und sicherten sich so eine Verbindung
aller Theile ihres ungeheuren Reichs, welches den ganzen Erdkreis
umgürtete.
Daraus entsprang ein mächtiger kriegerischer Geist, wie ihn
in neuern Zeiten kein anderes Volk gezeigt hat; der ganze Geist
des Landes, der nicht im Dienst der Kirche stand, widmete sich
dem Waffenhandwerk. Ja, beide Beschäftigungen fanden sich oft
zusammen, und die Sitte, dass Geistliche in den Krieg zogen,
War in Spanien noch lange im Gebrauch, als sie in dem übrigen