des
während
J ahrh.
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seiner dialektischen Schlüsse beschäftigt, um sich von einer so
geringfügigen Sache, als Wahrheit oder Unwahrheit der Prämissen,
worauf sein Raisonnement beruhte, stören zu lassen. Wie in dem
metaphysischen Theil seiner Pathologie, so verfuhr. er auch in
ihrem physischen Theile. Obgleich das Blut und die Nerven zwei
Haupterscheinungen in der Oekonomie des menschlichen Körpers
sind, so untersuchte er sie doch nicht in einer besondern Induction.
Er unterwarf sie weder chemischen Experimenten, um ihre Bestand-
theile kennen zu lernen, noch mikroskopischen Beobachtungen, um
ihren Bau kennen zu lernen. m) Dies ist um so merkwürdiger,
weil das Mikroskop für Cullerfs Gebrauch bereit war, obwohl wir
zugeben müssen, dass die organische Chemie im Allgemeinen noch
vernachlässigt war und dass man ihre wahre Bedeutung kaum
verstand, bevor die wundervollen Arbeiten von Berzelius ihre
Wichtigkeit an den Tag gebracht hatten. Das Mikroskop war
150 Jahre früher erfunden worden als Cullen seine Pathologie
schrieb, und war etwa 100 Jahre lang in gewöhnlichem wissen-
schaftlichem Gebrauche gewesen; aber seine Vorliebe für die Syn-
these beherrschte ihn. Er baute sein System durch Schlüsse aus
allgemeinemPrineipien auf, und in diesem Verfahren war er ein
vollendeter Meister. Zwischen den Prämissen und dem Schlusse
liess e1' fast nie einen Irrthunr einschleichen. Und mit seinen Er-
gebnissen hatte er ein grosses Verdienst, wodurch er sich für immer
z. B. in seinen Werken I, 46 die lange Reihe nnbewiesener und unbeweisbarer Ver-
sicherungen über die Combination und die Vergleichung von Empfindungen, welche das
Gedächtniss, die Einbildungskraft und dergl. anregen.
9M) Cuilen gesteht mit der bewundernswürdigen Aufrichtigkeit, welche zu den
anziehendsten Eigenschaften seines Geistes gehört, er sei nicht mit dem Mikroskop
vertraut: „It leaves me, who am not conversant in such observations, altogether un-
certain with respect to the precise natnre of this part of the blond." Oallenfs Werks,
I, 195. Ein Patholog ohne Mikroskop ist ein unbeweifneter Mann. Für seine organische
Chemie mag eine Stelle als Beleg dafür gelten, wie er speculativ zu seinen Schlüssen
gelangte, statt über die Erscheinungen zu experirnentiren. „We may remark it to be
highly probabie, that all anirnal matter is originslly formed of vegetable; because all
animals either feed directly and entirely on vegctnhies, or upon other animais that de so.
From hence it is probable, that all animal substances may be traced to a. vegetable
origin; and ilzerefore, if we would inquire into the production of animal matter, we
must ßrsi inquire in what manner vegetable matter may be converted into animal?"
Cullerfs Works, I, 177, 178. Dies "daher" und dieses "müssen," die bloss aus einer
voraufgegangenen Wahrscheinlichkeit folgen, sind charakteristisch für die zu grosse
Kühnheit, worin die Deduction leicht ansartet und die einen starken Oontrast bildet
mit dem entgegengesetzten Fehler zu glrosser Aengstlichkeit der inductiven Forscher.
Buckle, Gesch. d. (Jivilisation. H. 34