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Schott.
Untersuchung des
Geistes
Studium der menschlichen Natur vereinfachte, indem er das Wohl-
Wollen ganz aus ihr entfernte. Aber dieser Weitsehende Denker
sorgte dafür, in seiner Theorie der sittlichen Gefühle der
menschlichen Natur die Eigenschaft wieder zu geben, welche er
ihr in seinem Nationalreichthum genommen hatte, und durch die
Aufstellung dieses doppelläufigen Arguments umfasste er den ganzen
Gegenstand. Ebenso hätte Cullen, nachdem er eine Theorie der
Krankheit aus den festen Bestandtheilen hergeleitet, eine andere
Theorie aus den flüssigen Bestandtheilen herleiten müssen; und die
Nebeneinanderstellung dieser beiden Theorien hätte eine so voll-
ständige Wissenschaft der Pathologie aufstellen können, als es der
damalige Zustand des Wissens erlaubten-ä) Aber dem war sein
Geist nicht gewachsen. Zwar besass er Talent, aber es fehlte ihm
der geistige Blick Adam Smith's, vermöge dessen dieser grosse
Mann einsah, dass jedes deductive Argument, welches sich auf der
Weglassung von Prämissen gründet, durch ein parallellaufendes
Argument ausgeglichen werden muss, welches auf diese Prämissen
Rücksicht nimmtm) Oullen bemerkte dies so Wenig, dass er nach
der Herstellung seines pathologischen Systems, welches den medi-
cinischen Schriftstellern unter dem Namen des Solidismus bekannt
ist, "sich nie die Mühe gab, dies durch ein anderes System zu
begleiten, Welches dem Flüssigen die erste Stelle einräumte. Im
Gegentheil, er hielt seinen Plan für vollständig und erschöpfend,
und dass die sogenannte Humoral-Pathologie eine Einbildung sei,
welche nur zu lange den Platz der Wahrheit usurpirt gehabt. m)
915) Denn wie ein Patholog, der wohl der grösste unserer Zeit ist, richtig bemerkt;
"Humoral pathology is simply a requirement of enmmon praetical sense; and it has
always held a plaee in medieal scienee, although the limits of its domain have, no
donbt, been variously circumscribed or interpreted at differcnt times. Of late years,
it has met with a new basis and support in morbid anatomy, which, in the inadequaey
of its discoveries in the solids to aeconnt for disease and death, has been compelled
to seek for an extension of its boundary through a direet examination nf the blond
itself." Rolcitanskffs Patlzological Anutomy, I, 362, London 1854.
916) Wenn nicht, wie bei der Geometrie, die unterdrückten Prämissen so gering
sind, dass sie kaum bemerkbar bleiben.
i") Er war so unwillig bei dem blossen Gedanken einer Humoral-Pathologie, dass
sich selbst Hoffmann, der vor ihm der ausgezeichnetste Verfechter des Solidismus war,
seinen Zorn zuzog, weil er den Doctrinen von den Flüssigkeiten ein geringes Gewicht
zugestand. Er sagt: "Hoffmann has not applied his fundamental doetrine so extensi-
vely as he might have done; and he has everywhere intermixed an humoral pathology,