Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 2)

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des 
Untersuchung 
Schott. 
Geistes 
zu empfehlen, für welche selbst unsere Wissenschaft noch nicht 
reif ist, welche aber zu seiner Zeit so überaus vorschnell und 
unzeitgemäss war, dass ihre Annahme durch einen Mann von so 
kräftigem Verstande sich durch nichts erklären lasst, als durch 
den Umstand, dass er in einem Lande lebte, wo diese Methode 
die Oberherrschaft hatte. 
Cullen handhabte nun, das muss man allerdings zugestehen, 
die Methode mit vielem Talent besonders in ihrer Anwendung auf 
die Pathologie, für die sie viel besser passte als für die Therapie, 
die eine Kunst und keine Wissenschaft ist. Denn wir müssen 
immer festhalten, dass die Wissenschaft, welche die Gesetze der 
Krankheiten aufsucht, von der Kunst, sie zu kuriren, ganz ver- 
schieden ist. Die Wissenschaft hat ein speculatives Interesse, 
welches von allen praktischen Rücksichten frei ist und einzig von 
der Thatsache abhängt, dass die Wissenschaft, wenn sie vollendet 
ist, die Abweichungen der ganzen organischen Welt erklären wird. 
Die Pathologie will die Ursachen erkennen, welche jede Abweichung 
von dem natürlichen Typus einer Form oder einer Function be- 
stimmen. Daher kommt es, dass Niemand einen umfassenden Blick 
auf den gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft werfen kann, 
ohne die theoretischen Beziehungen zwischen Pathologie und anderen 
Fächern der Forschung zu studircn. Dies ist nicht das Geschäft 
von Praktikern, sondern von wissenschaftlichen Männern im engern 
Sinne. Der wissenschaftliche Patholog ist von dem Arzte so 
verschieden, als der Rechtsgelehrte von dem Advocaten oder ein 
Agricultur-Chemiker von einem Landmann, oder ein politischer 
Oekonom von einem Staatsmann, oder ein Astronom, der die Gesetze 
der Himmelskörper aufstellt, von einem Seekapitän, der sein Schiff 
nach der praktischen Anwendung dieser Gesetze steuert. Beide 
Arten von Functionen können vereinigt sein, und gelegentlich, 
wenn auch sehr selten, sind sie es; aber es ist keine Nothwendig- 
keit vorhanden, dass sie es seien. Während es daher eine absurde 
Unverschämtheit sein würde, wenn einer, der nicht dem ärztlichen 
Fach angehört, Cullen's therapeutisches System beurtheilen wollte, 
so ist es ganz in der Ordnung, dass jeder, der die Theorie dieser 
Gegenstände studirt hat, sein pathologisches System untersuche; 
denn dies muss wie alle wissenschaftlichen Systeme sich auf 
allgemeine Gedanken ziehen lassen, welche zum Theil von den 
angrenzenden Wissenschaften, zum Theil von der allgemeinen Logik 
der philosophischen Methode herzunehmen sind.
	        
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