28
Geschichte
Span.
Geistes
so würden sie angesichts der furchtbaren Ueberzahl ihrer Feinde
keine Möglichkeit gehabt haben, ihre National-Existenz zu behaup-
ten. Der lange Krieg, welcher entstand, war politisch und religiös
zugleich und führte ein inniges Bündniss der Politiker mit den
Geistlichen herbei; denn den Königen und der Geistlichkeit lag
es gleich sehr am Herzen, die Mahornedaner aus Spanien zu
vertreiben. Fast acht Jahrhunderte hindurch wurde den Spaniern
diese Verbindung der Kirche mit dem Staate durch ihre eigen-
thümliche Lage aufgenöthigt; und als diese Nothwendigkeit nach-
gelassen hatte, war es natürlich genug, dass die alte Ideenver-
bindung die ursprüngliche Gefahr überlebte, und dass der Volksgeist
einen Eindruck empfangen hatte, der kaum" wieder auszulöschen
war.
Zeugnisse über diesen Eindruck und über die Unterwürtigkeit
ohne Gleichen, die er hervorbrachte, drangen sich bei jedem Schritte
auf. In keinem andern Lande sind die alten Balladen so zahlreich
und so innig mit der Vaterländischen! Geschichte verbunden. Man
hat jedoch die Bemerkung gemacht, dass ihr Hauptcharakterzug
der Eifer ist, Womit sie Gehorsam und Ergebenheit gegen die
Könige einprägen, und dass sie sogar ihre beliebtesten Tugend-
spiegel lieber mit diesem Motiv versehen, als sie mit kriegerischen
Heldenthaten ausstatten. 64) In der Litteratur war die erste grosse
Erscheinung des Spanischen Geistes das Gedicht von1 Oid, verfasst
gegen das Ende des 12. Jahrhunderts, und darin finden wir wieder
neue Belege jener ausserordentlichen Unterthänigkeit, welche die
Verhältnisse dem Spanischen Volke aufgezwungen. 65) Eine ähn-
34) „More ballads are connected with Spanish history than with any other, and,
in general, they are bettet. The most striking peeuliarity of the whole muss is,
perhaps, to be found in the degree in which it expresses the national character.
Loya1ty'is constantly prominent. The Lord of Butrago saeriüces his own life to save
that of his sovereign," etc. Ticknoräe History of Spanish Literature, I, 133. „In the
implicit obedience of the old Spanish knight, the order of the king was paramount
to every consideration, even in the case of friendship und love. This code of obedience
has passed into a proverb-'mas pesa el Rey que 1a sangref" Fowfs Spam, p. 183_
Vergl. das treifliche kleine Werk von Lewes, The Spanish Drama, London 1846, p. 120;
"ballads fnll of war, loyalty, and love."
65) Siehe einige interessante Bemerkungen in Tapüis Oivilizacion Espaüola, vol. I.
Er bemerkt, dass der Cid, so grausam ihn auch Alfons verfolgte, nach einem grossen
Siege es sein erstes Geschäft sein liess, einem seiner Hauptleute aufzutragen "para
que lleve a1 rey Alfonso treinta caballos sirabes bien ensillados, eon sendas espadas
pendientes de los arzones en seüal de homenage, ä ßesar ziel agravia que habia rßcibido,"