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des
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Aufmerksamkeit. Um die Schwierigkeit aufzuklären, werden wir
nach den Ursachen des unterwüriigen Geistes zu forschen haben,
der mehrere Jahrhunderte hindurch die Spanier vor allen andern
Völkern Europas auszeichnete.
Eine der Hauptursachen war ohne Zweifel der unbegrenzte
Einfiuss, den die Geistlichkeit besass. Denn die Grundsätze, welche
dieser mächtige Stand dem Volke einprägt, führen es dazu, seine
Könige mit mehr Ehrfurcht zu betrachten, als es sonst thun wurde.
Und dass Aberglauben und Unterwürfigkeit (loyalty) wirklich und;
praktisch in Beziehung auf einander stehn, ergiebt sich aus der
geschichtlichen Thatsachc, dass beide fast immer zugleich blühten
und zusammen in Verfall geriethen. Und von vornherein wäre
dies zu erwarten, denn wir sehen beide sich aus der Gewohnheit
der Verehrung erzeugen, die den Menschen unterwürfig in seinem
Betragen und leichtgläubig in seinem Gemiith macht. 63) Die Er-
fahrung also ebensowohl als die Vernunft deutet darauf hin, dass
dies ein allgemeines Gesetz des Geistes sei. Es mag gelegentlich
in seiner Wirksamkeit gestört werden, aber für die Mehrzahl der
Fälle wird es gelten. Der einzige Fall, wo dieser Grundsatz sich
nicht bewährt, ist wohl der, in welchem eine despotische Regierung
ihre eigenen Interessen so sehr verkennt, dass sie die Priester
beleidigt und sich von ihnen trennt. Ueberall, wo dies geschieht,
wird ein Kampf zwischen der Unterwürfigkeit und dem Aberglauben
entstehen; diesem werden die Geistlichen, jener die Politiker dienen.
Einem solchen Kampfe begegnen wir in Schottland; aber die Ge-
schichte bietet uns nicht viele Beispiele davon; und gewiss fand
so etwas nie in Spanien statt, wo vielmehr allerlei Verhältnisse
eintraten, welche die Einheit der Kirche und der Krone befestig-
ten, und das Volk daran gewohnten, beide fast mit gleicher Ehr-
furcht zu betrachten.
Das beiweitem wichtigste Verhältniss dieser Art war der grosse
arabische Einfall, der die Christen nach einem Winkel von Spanien
hinauftrieb, und sie so herunter brachte, dass nichts als die
strengste Diseiplin und der pünktlichste Gehorsam gegen ihre An-
führer sie befähigen konnte, ihren Feinden Stand zu halten. Unter-
würfigkeit gegen ihre Könige wurde nicht nur zweckmässig, sondern
nothwendig; denn wären die Spanier uneins unter sich geworden,
63) "Habits of reverence, which, if Cßrrißd into religion, cause superstition, and
if carrierl into politics, cause despotism." Buckleäs History of Oivilizwtion, I, G16.