Volltext: Geschichte der Civilisation in England (Bd. 2)

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Schott. 
Untersuchung des 
Geistes 
Verachtung geringschätzen und fest versichert sein, dass sie unter- 
gehen wird, wenn sie nicht wahr ist, dass sie aber, wenn sie wahr 
ist, zuletzt wohlthätig wirken wird, wenn sie sich auch in der Zeit 
und in dem Lande, wo sie zuerst vorgetragen wurde, zur praktischen 
Annahme ungeeignet erweisen sollte. 
Aber Reid hatte bei aller Klarheit seines Geistes und bei aller 
Kraft seines Philosophirens, so wenig von dem wahren philoso- 
phischen Geiste, dass er die Wahrheit nicht um ihrer selbst willen 
liebte, sondern wegen ihrer unmittelbaren praktischen Resultate. 
Er erzählt uns selbst, dass er nur darum sich zum Studium der 
Philosophie gewendet, weil er über die Resultate empört war, zu 
denen die Philosophen gelangt waren. S0 lange Locke's und 
Berkeley's Speculationen nicht zu ihren logischen Consequenzen 
getrieben worden waren, beruhigte sich Reid bei ihnen, und sie 
waren in seinen Augen gut. 108) S0 lange sie unschädlich und 
leidlich orthodox waren, war er nicht allzubesorgt um die Unter- 
suchung ihrer Haltbarkeit. In Hume's Händen wurde die Philosophie 
nun kühner und wissbegieriger; sie störte Ansichten, die alt waren 
und die man gern beibehalten hätte; sie untersuchte die Begründung 
der Dinge, zwang die Menschen zum Zweifel und zur Untersuchung 
und leistete dadurch der Sache der Wahrheit unschätzbare Dienste. 
Aber gerade diese Richtung misstiel Reid. Er sah, dass solche 
Störung unbequem war; er sah, dass sie gewagt wäre und 
suchte daher zu beweisen, dass sie unbegründet wäre. Er ver- 
weehselte die Frage nach den praktischen Consequenzen mit der 
ganz verschiedenen Frage nach der wissenschaftlichen Wahrheit, 
er hielt es für ausgemacht, dass diese Folgerungen der Wissen- 
408) „I once believed this doctrine of ideas so furmly, as to embrace the whole of 
Berke1ey's system in consequence of it; till, finding other consequences to follow from 
it, which gave me more luneasiness than the want of a material world, it came into 
my mind more than forty years ago, to put the question, What evidence have I for 
this doctrine that all the objecfs of my knowledge are irleas in my own mind? From 
that time to the present, I have been eandidly und impanially, as I think, seeking 
for the evidence of this principle, but can find none, excepting the authority of phi- 
losophers." Reiefs Essays 1m tlw Powers af the Human Mind, edit. Edinburgh 1808, 
I, 172. Und in einem Briefe, den er 1763 an Hume schrieb, bekennt er mit einer 
Einfalt, die den grossen Philosophen sehr erheitert haben muss: „your system appears 
to me not only coherent in all its parts, but likewise justly deduced from" principles 
commonly received among philosophers; principles which I never thought of calling in 
question, until the conclusions you draw from them in the 'Treatise of Human Nature' 
made me suspect them." Burtorfe Lgfe und Oorrespondence af Hume, II, 155.
	        
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