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des
Untersuchung
Schott.
Geistes
Durch diese kühne Hypothese beschränkte Adam Smith mit
einem Schlage das Feld seiner Forschung dahin, dass er alle
Rücksicht auf Selbstsucht als auf ein ursprüngliches Princip aus-
schloss, und nur ihren grossen Gegner, das Mitgefühl, zuliess.
Das Dasein dieses Widerstreites erkennt er ausdrücklich an. Denn
er giebt nicht zu, dass man das Mitgefühl auf irgend eine Weise
für ein selbstsüchtiges Princip halten könne. 52) Obgleich er wusste,
dass es Vergnügen macht und dass jedes Vergnügen ein Element
der Selbstsucht enthält, so stimmte es doch nicht zu der Methode
seiner Philosophie, das Prineip des Mitgefühls einer inductiven
Analyse zu unterwerfen, wodurch seine Elemente ans Licht getreten
sein würden. Er hatte damit zu thun von ihm aus weiter zu
schliessen, nicht darauf zurück zu schliessen; er sammelte seine
Energie auf den deductiven Prozess, entwickelte die dialektische
Fähigkeit seiner Landsleute, in der er einer der vollendetsten
Meister ist, die die Welt je gesehen hat, und_ so baute er ein
System der Philosophie auf, das zwar unvollkommen ist, weil die
Prämissen unvollkommen waren, das aber der Wahrheit so nahe
kam, als es nur irgend möglich war, wenn man die selbstsüchtige
Seite der menschlichen Natur ganz ausser Acht lassen will. Die
Thatigkeit der Seite des Mitgefühls beobachtete er mit einer Ge-
nauigkeit, und von ihr aus schloss er mit einem Scharfsinn, wodurch
sein Werk das bedeutendste wird, das je über diesen interessanten
Gegenstand geschrieben worden ist. Weil aber nach seinem Plan eine
geflissentliche Unterdrückung vorgangiger und wesentlicher That-
sachen stattfinden musste, so stimmen die Resultate, zu denen er
gelangte, nicht genau mit denen, welche man wirklich in der Welt
voriindetw) Dies ist jedoch, wie ich schon gezeigt habe, kein
force of blood, or upon the wonderful affection which near relations are supposed to
conceive for one another, even before they know that they have any auch connection.
This force of blood, however, I am afraid, exists nowhere but in tragedies and ro-
mances." p. 66.
52) "Sympathy, however, cannot, in any sense, be regarded as a selßsh principle."
Theory of Moral Sentimcnts, II, 206. Im Band I, 9, beklagt er sich „of those who
are fond of deducing all 0111" sentiments from certain reiinements of self-love."
53) Dies wird von Sir James Mackintosh, dessen Skizze von Adam Smith flüchtig
und etwas oberflächlich ist, bemerkt. Dennoch sagt er ganz richtig: „Smith has exposed
himself to objections founded on experience, to which it is impossible to attempt any
MISWEIK" .Macko'ntosla's dissertation an Ethiml Philosophy, p. 239, 240. Siehe auch
einen Brief von Hume an Adam Smith, in Burtonäs Life und Correspondence of Hume,
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