418
Untersuchung
des
Schott.
Geistes
selbst in dem Falle, dass diese Elemente uns neu wären, und
wenn wir inductiv mit unserem Raisonnement von jedem Element
ausgehend zu demselben Schlusse gelangen könnten, so würde der
eine Prozess den andern bestätigen, und durch ihre gegenseitige
Bewahrung würde die Wissenschaft vollendet sein. In der Chemie
können wir dies nicht leisten; deswegen ist die Chemie noch keine
Wissenschaft, obgleich sie seit der Einführung von Gewicht und
Zahl durch Dalton alle Aussicht darauf hat eine zu werden. Da-
gegen ist die Astronomie eine Wissenschaft, denn durch die An-
wendung der deductiven Waffe der Mathematiker können wir die
Bewegungen und Störungen der Himmelskörper berechnen, und
durch die Anwendung der inductiven Waffe der Beobachtung enthüllt
uns das Teleskop die Richtigkeit unserer vorhergehenden und so
zu sagen nur vorläufigen Schlüsse. Die Thatsaivhe stimmt mit der
Idee überein, das besondere Ereigniss bestätigt das allgemeine
Princip, das Princip erklärt das Ereigniss, und ihre Ueberein-
Stimmung berechtigt uns zu glauben, dass wir richtig sehen müssen,
denn wie wir auch verfahren, der Schluss ist der nämliche; und
der inductive Plan, aus dem Einzelnen das Durchschnittliche zu
entnehmen, harmonirt mit dem deductiven, von Gedanken aus zu
schliessen.
Aber in dem Studium des Ethischen giebt es keine solche
Harmonie. Theils wegen der Macht des Vorurtheils, theils wegen
der Verwickelung des Gegenstandes sind in der Ethik alle Versuche
wissenschaftlicher Forschung fehlgeschlagen. Es ist daher nicht
zu verwundern, dass auf diesem Felde der inductive Forscher zu
einem Ergebniss, und der deductive Forscher zu einem anderen
kommt. Der inductive ,Forscher sucht seinen Zweck zu erreichen
durch Beobachtung der Handlungen der Menschen, und dadurch,
dass er sie der Analyse unterwirft, um die Principien in Erfahrung
zu bringen, durch die sie bestimmt werden. Der deductive Forscher
beginnt vom andern Ende, nimmt gewisse Principien als ursprüng-
lich an und argumentirt von ihnen aus auf die Thatsachen, welche
wirklich in der Welt zum Vorschein kommen. Der Erstere geht
vom Concreten zum Abstracten, der Letztere vom Abstracten zum
Ooncreten fort. Der inductive Moralphilosoph betrachtet die
Geschichte der Gesellschaft in früherer Zeit und den Zustand der
Gegenwart, und nimmt für ausgemacht an, der erste Sehritt, den
er zu thun habe, sei, die Thatsachen zu sammeln und sie dann
zu verallgemeinern, allgemeine Schlüsse daraus zu ziehen. Der