Während des
Jahrh.
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ist man immer deductiv geblieben; selbst die originellsten Denker
waren unfähig, sich von der allgemeinen Richtung frei zu machen,
und sahen sich gezwungen eine Methode anzunehmen, welche die
Zeit geheiligt hatte und welche mit allen Vorstellungen des National-
geistes verflochten war.
Um die Untersuchung zu verstehen, in die wir jetzt eintreten
wollen, muss der Leser den wesentlichen Unterschied scharf auffassen
und vor Augen behalten, der zwischen Deduction, dem Argumen-
tiren aus Principien, und der Induction, dem Argumentiren auf
Principien los, besteht. Er muss sich erinnern, dass die Induction
vom Kleinen zum Grossen, die Deduction vom Grossen zum Kleinen
fortgeht. Induction ist Fortschreiten vom Besondern zum Allge-
meinen und vom Sinnlichen zu den Ideen; Deduction ist Fort-
schreiten vom Allgemeinen zum Besondern und von den Ideen zum
Sinnliehen. Durch Induction erheben wir uns vom Concreten zum
räbstiacten, durch die Deduction steigen wir vom Abstracten zum
Concreten herab. Neben dieser Unterscheidung herlaufend sind
gewisse Eigenschaften des Geistes, die mit äusserst wenigen Aus-
nahmenrdas Zeitalter, die Nation oder das Individuum charakte-
risiren, in dem eine dieser Methoden vorherrscht. Der inductive
Philosoph ist von Natur vorsichtig, geduldig und etwas schleichenda
Der deductive hingegen zeichnet sich eher durch seine Kühnheit,
Geschicklichkeit und manchmal durch seine Tollkühnheit aus. Der
deductive Denker nimmt immer gewisse Prämissen an, die weit
von den Hypothesen verschieden sind, welche wesentlich zu der
besten Art der Induction gehören. Die Prämissen sind bisweilen
aus dem Alterthum entlehnt, bisweilen sind sie aus dem VorÄ
stellungskreise, wie er in der umgebenden Gesellschaft herrscht,
entnommen; bisweilen entspringen sie aus der eigenthümlichen
Organisation des Mannes selbst, und bisweilen sind sie, wie wir
gleich sehen werden, geflissentlich erfunden, mit der Absicht, nicht
zur Wahrheit, sondern zu einer Annäherung an die Wahrheit zu
gelangen. Endlich, um Alles zusammenzufassen, können wir sagen,
die deductive Gewohnheit sei wesentlich synthetisch, und trachte
daher die ursprünglichen Principien oder Gesetze zu vermehren;
die inductive Gewohnheit hingegen trachte diese Gesetze durch
allmahlige Analyse nach und nach zu vermindern.
Da dies die beiden fundamentalen Abtheilungen der mensch-
liehen Forschungsart sind, so ist es gewiss eine höchst merkwürdige
Thatsache in der Geschichte von Schottland, dass während des