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des Span.
Geschichte
Geistes
den Füssen, eines verächtlichen Fürsten nieder, für den der Steuer-
Einnehmer sein Gewerbe treibt. Sie werden selbst den lästigen
und unbequemen Mönch ausschelten und vielleicht den glatten und
anmassenden Priester verhöhnen, aber dabei ist ihre Verblendung
so gross, dass sie ihr Leben wagen würden zur Vertheidigung der
grausamen Kirche, die ihnen so grässliches Elend zugefügt hat,
aber an der sie noch immer hängen, als wäre sie der theuerste
Gegenstand ihrer Zuneigung.
In Verbindung mit dieser Gemüthsverfassung, und in Wahrheit
als zu ihr gehörig, finden wir eine Verehrung vor dem Alterthum
und eine unmässige Hartnäckigkeit im Festhalten alter Ansichten,
alter Glaubenssätze und alter Gewohnheiten, die uns an eine Civi-
lisation erinnert, wie sie früher in den Tropen blühte. Solche
Vorurtheile waren einst sogar in Europa allgemein, begannen aber
im 16. Jahrhundert abzusterben und sind jetzt verhältnissmässig
erloschen, nur nicht in Spanien; dort sind sie immer willkommen
geheissen worden, dort haben sie noch immer ihre ursprüngliche
Kraft behalten und erzeugen ihre, natürlichen Folgen. Durch Be-
günstigung der Vorstellung, dass alle die wissenswürdigsten Wahr-
heiten schon bekannt sind, schwächen sie die Triebe und schlafern
sie das hochherzige Vertrauen auf die Zukunft ein, ohne das nichts
wahrhaft Grosses zu Wege gebracht werden kann. Ein Volk,
welches der Vergangenheit zu viel Aufmerksamkeit schenkt, wird
sich nie bei der Förderung des Fortschritts bethatigen; es wird
kaum an die Möglichkeit des Fortschritts glauben. Ihm gilt Alter-
thum gleich mit Weisheit und jede Verbesserung für eine gefahr-
liche Neuerung. An diesem Uebel siechte Europa viele Jahrhunderte
lang dahin, an ihm siecht Spanien noch. Darum zeichnen sich die
Spanier durch ihre Trägheit aus, durch Mangel an Spannkraft und
Hoifnung, wodurch sie. sich in unserem geschäftigen und unter-
nehmenden Zeitalter von der übrigen eivilisirten Welt absondern.
Weil sie glauben, dass sich wenig thun lässt, sind sie nicht beeilt
es zu thun. Weil sie glauben, ihr ererbtes Wissen sei viel grösser,
als was sieim Stande" seien zu erwerben, so wünschen sie ihre
Geistesschätze ganz und unangetastet zu erhalten, da die geringste
Veränderung daran ihren Werth herabsetzen möchte. In der Zu-
friedenheit mit ihrem Erbtheilschliessen sie sich von der Europäischen
Bewegung aus, welche sich zuerst im 16. Jahrhundert deutlich
zeigte und seitdem immer stetig fortgeschritten ist in der Erschüt-
terung alter Ansichten, in der Vernichtung alter Thorheiten, mit