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bis zur Mitte
des
Jahrh.
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die durch unmittelbare Ungerechtigkeit hervorgerufen wurden, und
machen Revolutionen Platz, welche mit Einem Male ihre Schläge
gegen die Quelle richten, aus welcher diese Ungerechtigkeit lliesst.
Es ist nicht zweifelhaft, dass dies eine günstige Aenderung ist,
theils weil es immer gut ist von den Wirkungen zu den Ursachen
aufzusteigen, und theils _weil Revolutionen seltener sind als Auf-
stände, und daher der Friede der Gesellschaft seltener gestört
werden würde, wenn die Menschen sich gänzlich auf diese weiter-
greifende Abhülfe beschränkten. Zugleich sind Aufstände gewöhn-
lich im Unrecht, Revolutionen immer im Recht. Ein Aufstand ist
nur zu oft die Wahnsinnige und leidenschaftliche Anstrengung
unwissender Menschen, die irgend einen unmittelbaren Druck
nicht ertragen können und sich nie die Zeit nehmen, die entfernten
und allgemeinen Ursachen dztvon aufzusuchen. Aber wenn eine
Revolution das Werk der Nation selbst ist, gewährt sie immer
einen glänzenden und Ehrfurcht gebietenden Anblick, denn zu der
sittlichen Entrüstung, welche das gegenwärtige Uebel hervorbringt,
fügt sie die intellectuellen Tugenden der Voraussicht und der Be-
rechnung hinzu; und indem sie so in Einem Akte Aeusserungen
der menschlichen Natur von der edelsten Art vereinigt, erreicht
sie einen doppelten Zweck: sie bestraft nicht nur den Unterdrücker,
sondern nimmt auch den Unterdrückten ihr Joch ab.
In Spanien jedoch hat es nie eine eigentliche Revolution
gegeben, nie ist dort eine grosse nationale Empörung vorge-
kommen. Das Volk ist oft genug gesetzlos, aber nie frei. Bei
ihm finden wir noch den eigenthümlichen Makel der Barbarei, dass
die Menschen gelegentlichen Ungehorsam systematischer Freiheit
Vorziehen. Gewisse Gefühle liegen in unser Aller Natur, selbst
eine sklavische Unterwüriigkeit kann sie aus dem Gemüthe der
Menschen nicht ausmerzen und durch sie werden sie vonZeit zu
Zeit zum Widerstand gegen Ungerechtigkeit getrieben. Dieser Trieb
ist glücklicher Weise das unwieräusserliche Loos der Menschheit; wir
können ihn nicht verscherzen, Wenn wir auch wollten, und nur zu
oft ist er das letzte Mittel gegen die Ausschweifungen der Tyrannei.
Und er ist Alles, was Spanien jetzt besitzt. Die Spanier also
widersetzen sich nicht weil sie Spanier, sondern weil sie Menschen
sind; jedoch selbst wenn sie sich widersetzen, verharren sie noch
in Ehrfurcht. Während sie sich gegen eine lästige Auflage erheben,
kriechen sie vor einem System, von dem die Auflage das geringste
Uebel ist. Sie schlagen den Steuer-Einnehmer und werfen sich zu
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