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bis zur
des
Mitte
J ahrh.
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Während sich die Oberfläche und so zu sagen die Symptome der
Angelegenheiten verbesserten, blieben diese Angelegenheiten selbst
unverändert dieselben. Unter dieser Oberfläche und jeder politi-
schen Abhülfe völlig unerreichbar waren grosse allgemeine Ursachen
in Wirksamkeit, die viele Jahrhunderte lang in Thätigkeit gewesen
und früher oder später die Politiker zwingen mussten, ihre Schritte
zurückzuthun und eine Politik einzuführen, die der Ueberlieferung
des Landes entsp1'ach und mit den Verhältnissen harmonirte, unter
denen sich diese Ueberlieferungen gebildet.
Endlich kam die Reaction. Im Jahre 1788 starb Karl III.
und ihm folgte Karl IV., ein König von echt Spanischer Bildung,
gottesfürchtig, orthodox und unwissend. 321) Jetzt zeigte sich, wie
unsicher alles war und wie, wenig man sich auf Reformen ver-
lassen kann, welche das Volk nicht selbst in Vorschlag gebracht,
sondern die Politiker ihm gewährt haben. Karl IV. War zwar ein
schwacher und veräehtlicher König, m) wurde aber in seinen allge-
meinen Gesichtspunkten durch die öffentliche Meinung der Spani-
schen Nation dergestalt unterstützt, dass er die freisinnige Politik,
deren Aufbau drei Generationen von Staatsmännern erfordert hatte,
in Weniger als fünf Jahren völlig rückgängig machen konnte. "In
weniger; als fünf Jahren war Alles verändert. Die Macht der
Kirche war wieder hergestellt, die entfernteste Annäherung zur
freien Diseussion war verboten, die alten willkürlichen Principien,
von denen man seit dem 17. Jahrhundert nichts gehört hatte,
traten wieder ins Leben. Die Pfatfen nahmen ihre frühere Bedeu-
tung wieder an, die Literatoren wurden eingeschüchtert und die
Literatur entmuthigt, während die Inquisition" sich plötzlich von
Neuem erhob und eine Thatkraftentwickelte, welche ihre Feinde
mit Schrecken erfüllte und klar bewies, dass alle Versuche zu
ihrer Schwächung ihre Kraft nicht hatten brechen und ihren alten
Geist nicht hatten einschüchtern können.
39') Durch die Vereinigung dieser drei Eigenschaften hat er den herzlichen Beifall
des gegenwärtigen Bischofs von Barcelona verdient und erhalten. Er nennt ihn in
seinem neulich erschienenen Werke über die Spanische Kirche „un monarca tan pia-
doso." (Jbscrvacianes sobre el Presmte y al Porvemr de la Iglcsia an Esgmüa, por
Damingo Costa y Borms, Barcelona 1857, p. SO.
399) Selbst in Alismfs History of Europa, wo Leute seines Schlages gewöhnlich
hoch gehalten werden, wird er mit miissiger Verachtung behandelt. "Charles IV. was
not destitute of good qualities, but he was a weak, ineapable prince." VIII, p. 382,
Edinburgh 1849.