112
Geschichte
Geistes
des Span.
schlimmer als nutzlos, es schlägt nicht nur fehl, sondern verur-
sacht eine Reaction, welche" die Meinungen starker als je zurück-
lasst. Erst andre man die Ansicht, dann kann man das Gesetz
ändern. Sobald ihr die Menschen überzeugt habt, dass der Aber-
glaube schädlich ist, könnt ihr mit Vortheil Schritte gegen die
Klassen thun, welche den Aberglauben befördern und von ihm
leben. Aber wie schädlich auch ein Interesse oder eine grosse
Körperschaft sein mag, man hüte sich Gewalt gegen sie zu ge-
brauchen, bevor der Fortschritt der Wissenschaft ihre Grundlage
untergraben und ihren Halt im Nationalgeiste gelockert hat. Dies
ist immer der Irrthum der feurigsten Reformer gewesen, dass sie,
im Eifer ihren Zweck zu erreichen, _die politische Bewegung über
die intellectuelle hinausgehen lassen, so die natürliche Ordnung
der Dinge umkehren und entweder sich oder ihren Nachkommen
Unheil bereiten. Sie rühren den Altar an und ein Feuer fahrt
heraus und verzehrt sie. Dann folgt eine neue Periode des Aber-
glaubens und des Despotismus und eine neue dunkle Epoche in
den Annalen des Menschengeschlechts. Und dies geschieht blos,
weil die Menschen ihre Zeit nicht erwarten können, sondern durch-
aus den Gang der Angelegenheiten überstürzen wollen. S0 haben
in _Frankrcich und Deutschland die Freunde der Freiheit der
Tyrannei neue Starke gegeben; und es sind die Feinde des Aber-
glaubens, die dem Aberglauben eine längere Dauer gegeben. In
diesen Ländern glaubt man noch die Regierung sei im Stande die
Gesellschaft zu regeneriren; diejenigen also, welche freie Ansichten
hegen, machen von ihrer Gewalt, sobald sie an die Regierung
gelangen, zu verschwenderisch Gebrauch, in der Ueberzeugung,
dass sie dadurch am besten ihre Zwecke erreichen werden. In
England herrscht zwar die nämliche Täuschung nicht so allgemein,
ist aber immer noch zu sehr im Schwange; weil jedoch bei uns
die öffentliche Meinung die Politiker im Zaume halt, so entgehen
wir den Uebeln, die im Auslande eingetreten sind. Wir erlauben
unsrer Regierung nicht Gesetze zu machen, welche die Nation
missbilligt. In Spanien hingegen waren dieSitten des Volkes so
sklavisch, die Nacken der Spanier waren so lange unter das Joch
gebeugt gewesen, dass diese Menschen selten einen Widerstand
wagten und keine gesetzlichen Mittel besassen, ihrer Stimme Gehör
zu Vefsßllaqen, selbst als die Regierung im 18. Jahrhundert mit
ihren theuersten Vorurtheilen in Widerspruch trat. Aber darum
fühlten sie dies nicht minder. Der Stoff zur Reaction häufte sich