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Geschichte des
Span.
Geistes
wagte sich ihren Händen nicht anzuvertrauen; er hielt sich einen
Irländer zum Arzt. 23") Die Iren standen zwar nicht im Ruf, grosse
Aerzte zu sein, aber Alles war besser als ein Spanischer Doctor. 231)
Die Hülfswissenschaften der Medicin und Chirurgie waren eben so
zurück. Die Instrumente waren roh gemacht und die Apotheker-
waaren schlecht bereitet. Die Bereitung der Arzneimittel war un-
bekannt; so kamen alte Waaren für die Apotheken in den grössten
Städten ausschliesslich vom Auslande; in den kleineren Städten
und in Gegenden fern von der Hauptstadt waren die Arzneien von
'der Art, dass man nichts besseres von ihnen erwarten durfte, als
dass sie unschädlich sein möchten. Denn in der Mitte des 18. Jahr-
hunderts besass Spanien nicht einen einzigen praktischen Chemiker.
Ja, Campomanes selbst versichert uns, dass noch 1776 niemand im
ganzen Lande die gewöhnlichsten Apothekerwaaren, wie Magnesia,
Glanbersalz und die geläufigen Präparate von Quecksilber und
Antimonium zu machen gewusst. Dieser ausgezeichnete Staatsmann
setzt jedoch hinzu, es sei im Werke, ein chemisches Laboratorium
in Madrid zu errichten; und obgleich diese unerhörte Unternehmung
gewiss als eine unheilschwangere Neuerung angesehen werden
würde, so spricht er doch die zuversichtliche Erwartung aus, mit
geringerer, als der "chief surgeon of the Guardes de Corps," und der, sagt das arme
Opfer, "was sent to me by authority." Siehe Memoirs of Richard Uumberland, writtm
611 himself; London 1807, II, 67, 68.
230) Duclos sagt von Philipp V., „Il etoit fort attentif sur sa sante; son mädeein,
s'il eüt ete intriguunt, auroit pu jouer un grand röle. Lyghins Irlandois, qui occu-
poit cette premiere place, fort eloigne de Pintrigue et de 1a eupidite, instruit dans son
art, s'en occupoit uniquement. Apres sa mort, 1a. reine iit donner 1a place ä Servi,
son mödecin partieulier." Meänoires pur Duclas, 2e edit. Paris 1791, II, 200, 201.
"Hyghens, premier medeein, etait Irlandais." Mänzoires du Duc de Samt Simon,
XXXVI, 215, ed. Paris 1841.
934) Im 18. Iahrhundert kamen die Spanier im Allgemeinen dazu: dass Siß dißi
zugeben; denn sie mussten sehen, dsrss ihre Freunde und Verwandten unter ärztlicher
Behandlung so reissend schnell erlegen, dass Krankheit_und Tod fast gleichbedeutend
geworden waren. Trotz ihres Hasses gegen die Franzosen nahmen sie daher die
Dienste der Französischen Aerzte an, wo sie sie haben konnten. Im Jahr 1707
schreibt die Princesse des Ursins aus Madrid an Madame de Maintenon, „Les chirur-
giens espagnols sont mesestimes meme de eeux de lenr nation;" und in einem andern
Brief: „Les Espagnols oonviennent que 1es medecins franqais sont beaucoup pllis sa-
vants que 1es leurs; ils s'eu servent mäme tres-volontiers, mais ils sont persuadäs que
ceux de 1a feculte de Montpellier Fempurtent sur les autres." Lettrea inäditee de
Madame de Maintenon et de la Hincesse des Ursins, III, 412, IV, 90.