Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Kunstliebe. 
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Während die Poesie sich ganz in Subjectivilät verlor, stand sie 
im innigen Zusammenhange mit den allgemeinen Interessen, mit 
dem sgädtischßn Patriotismus, der auch, als er politisch ohnmäch- 
tig wurde, doch noch moralisch wirkte, und vor Allem mit der 
Kirche und der Religiosität des Volkes. Sie litt daher wenig oder 
gar nicht durch den Einfluss der conventionellen Sitte und den be- 
ginnenden Cultus des Alterthums,-sie blieb einfach, populär, Wahr, 
christlich, und vortheilte doch von der steigenden Civilisation, von 
der friedlichen Stimmung der Bevölkerung und besonders auch 
von dem Luxus. In ihren Anfängen hatte sie lange mit Schwierig- 
keiten zu kämpfen gehabt, die der dichtenden Phantasie nicht im 
Wege standen; aber diese Hemmungen sicherten ihr inneres Rei- 
fen und gewährten ihr den Vortheil, die sittlichen Motive, deren 
sie bedurfte, durch die vorangeeilte Poesie bereits verarbeitet und 
verbreitet vorzufinden. Auch kam ihr nun die Gunst der Nation 
in vollem Maasse entgegen. Mit fast leidenschaftlicher Begierde 
wetteiferten alle Stände sie zu bethätigen. Vermögende Bürger 
begnügten sich mit Stiftung plastischer Grabmäler oder einzelner 
Votivgemälde, Vornehmere stellten sich die Gründung eigener 
Klöster, die sie mit höchster Muniücenz ausschmückten, zu einer 
Aufgabe ihrer spätern Jahre, an der sie mit wachsender Neigung 
arbeitetenk). Neben der Sorge für ihr Seelenheil tritt dabei die 
k) Von höchstem Interesse sind in dieser Beziehung die von Gaye Oarteggio I. 
N0. 4-9 publicirten Briefe des Grossseneschalls Niccola Acciajuoli, der die 
Reichthümer, welche er im Dienste der neapolitanisehen Krone erworben, grossen- 
theils zur Stiftung der Karthause von Florenz, seiner Vaterstadt, ver- 
wendete. Diese Stiftung scheint fast der Hauptgegenstand seiner Sorge, neben 
dem selbst die wichtigsten politischen Angelegenheiten in den Hintergrund 
treten. Er will keine Kosten sparen und ist stets besorgt, dass seine Men- 
datarien die Details nicht schön, nicht prachtvoll genug machen. Zorn und 
Melancholie, versichert er, fliehen, wenn er an dies Kloster denkt. Er betrachtet 
es als sein theuerstes Gut, als das Einzige, was nach seinem Tode sein eigen 
bleiben, was seinen Namen erhalten wird. Es scheint nicht grade, dass er mit 
dieser Stiftung nur sein Seelenheil erkaufen wollte, sondern, dass er mehr das 
reiche, kostbare, mit allen Kunstherrlichkeiten geschmückte Monument im 
Auge hatte. In einer Stelle seiner Briefe spricht er völlig im Tone des Frei- 
geistes. "Wenn die Seele unsterblich ist, wie der Herr Kanzler sagt, so wird 
die meinige, wo ihr auch der Aufenthalt angewiesen sein mag, sich dieser 
Stiftung erfreuen." 
	        
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