Scholastik
und
Antike.
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Diese barocke Vermischung des Antiken und Christlichen war
aber nicht etwa bloss eine geschmaklose Form der Poesie, son-
dern wurde höchst praktisch und brachte einen eigenthümliehen
Zwiespalt hervor, Welcher bald zu einem unwahren theatralischen
Auftreten, bald zu einer wirklichen Verwirrung der Begriffe führte.
Wie weit das gehen konnte, zeigt vor Allem die bekannte Ge-
stalt des Colä di Rienzi, der, ein wenig bedeutender römi-
scher Bürger und Notar, während der Anarchie, in Welche Rom
bei der Abwesenheit der Päpste durch die Anmaassung und Roh-
heit des römischen Adels gerathen war, anfangs mit grosser Klug-
heit als kühner Volksführer und energischer Reformator günstig
wirkte, dann aber sich zu einer Anmaassung steigerte, die an
VVahnsinn grenzte. Wenn er sich in der Reihe von pomphaften
Titeln, die er annahm, „Nicolaus, den gestrengen und gnädigen
Tribun der Freiheit, des Friedens und der Gerechtigkeit, den er-
lauchten Befreier der heiligen römischen Republik" und dann
wieder den „Candidaten des h. Geistes, den Eiferer für Italiens
Grösse (zelator Italiae)" nannte, wenn er nach einem Bade in dem
Becken des lateranischen Baptisteriums, in welchem Con-
stantin der Sage nach getauft sein soll, mit einem Aufwande von
geistlichen und weltlichen Ceremonien die Ritterwiirde annahm,
und zugleich die Stadt Rom als das Haupt des Erdkreises procla-
mirte und die streitenden Kaiser vor seinen Stuhl lud , so zeigt
das ungefähr den Umfang und die Gegensätze der Begriffe, in
denen sich die Vorstellungen bewegten. Dies phantastische Auf-
treten war aber nicht etwa bloss eine persönliche Thorheit des
Mannes, die sich aus der eigenthiimlichen Stellung Roms und
dem schwindelnden Erfolge seines ersten Auftretens erklären
lassen würde, sondern es entsprach der allgemein verbreiteten
Ansicht und erweckte in ganz Italien eine hohe Begeisterung.
Juno dargestellt, welcher auf ihren Befehl Karl von Anjou gegen Manfred, der
als Abkömmling des Aeneas geschildert wird, herbeiruft. Die Götter sind
durchweg Santi, selbst die Hände der Venus "santi mani", Christus ist ein
Sohn des Zeus, der Tag seiner Geburt zugleich als Tag des Saturns heilig,
die Nonnen sind Priesterinnen der Diana, und Petrus, ein Befehlshaber der
Ritter, welche der Sohn des Zeus auf Erden hinterlassen, empfängt den Todes-
stoss der Atropos.
VII. Ö