Condottieri.
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Profession zwar Wenig gemein; aber sie bildeten doch auch einen
besonderen, vorzugsweise aus vornehmen Mitgliedern bestehenden
Stand, der das stolze Handwerk der Waffen ausschliesslich, meist
zu Bosse, und zwar, wie sich bei dieser Ausschliesslichkeit bald
von selbst ergab, kunstmässig, nach ausdrücklich oder still-
schweigend festgestellten Regeln betrieb. Dazu kam, dass man
auch im Norden von jener ideellen Höhe längst herabgestiegen
und das Ritterthum mehr Form als innere Wahrheit war. Auch
den nordischen Rittern kam es mehr auf Gewinn an Sold oder
äusserer Ehre, als auf edlere Motive an. Italienisches und nor-
disches Kriegswesen war daher nicht mehr so verschieden wie
früher, und da überdies die Ersten, welche diesen Solddienst auf
italienischem Boden betrieben und das System desselben begrün-
deten, nordische Ritter gewesen waren, so ist es begreiflich, dass
die Italiener mit ihrer Kriegskunde auch ihre Gebräuche und
standesmässigen Sitten annahmen. Es entstand dadurch das
eigenthümliche Resultat, dass das Bitterthum, das in seiner Blüthe-
zeit den Italienern fremd geblieben war, nun in den steifen und
conventionellen Formen seines Verfalls hier einheimisch wurde.
Auch die Turniere, die bisher äusserst selten,'meist nur von
Fremden ausgehend, und beim Volke niemals beliebt gewesen
waren k), kamen jetzt mehr in Aufnahme. Bei einem Krieger-
stande, der nicht, wie in den neueren stehenden Heeren, stets im
Dienste blieb, waren sie in Friedenszeiten zugleich eine nützliche
Uebung und ein Mittel, die leere Zeit zu füllen, und die Fürsten,
sowohl die, welche selbst als Condottieri auftraten, als die, welche
solche im N othfalle gebrauchen mussten, fanden darin eine günstige
Gelegenheit, kühne und geübte Krieger an ihre Höfe zu ziehen
und zugleich ein prachtvolles Schauspiel für dieselben zu ge-
Winnen.
Auch sonst begründete das Vorherrschen fürstlicher Herr-
schaft eine Annäherung an nordisch-ritterliche Sitte. Die Fürsten,
mochten sie alten Stammes oder Emporkömmlinge sein, umgeben
Karl von Anjou begünstigte sie (Muratori Antiqu. Diss. 53), aber der
Podeste von Treviso versagte dem Ulrich von Lichtenstein die Abhaltung des
Tumieres. Vgl. auch bei Petrarca epist. sen. XI. 13 p. 889. die Klagen über
diese auch von ihm als eine fremde behandelte Sitte.