Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Dante's 
sittliches 
Ideah 
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die Kraft hat, ihn von einer Himmelsstufe zur andern zu heben. 
Am stärksten und im schönsten Lichte zeigt sich dann diese 
VVärme und Weichheit da, wo Beides , Liebe und Leid, zugleich 
die Seele des Lesers mit Mitgefühl ergreifen, in der Geschichte 
der Francesca von Rimini, die daher auch zu den berühmtesten 
Episoden der göttlichen Comödie gehört. Schon hier sieht man, 
dass der Dichter die YVeichheit des Gefühls, durch welche Fran- 
cesca zu der in der Hölle gebüssten Schuld gekommen, kaum 
noch als eine verzeihliche Schwäche, sondern geradezu als etwas 
Liebenswerthes betrachtet; auch nicht ein Wort der Rüge oder 
Reue kommt vor und die Strafe selbst ist, da die Liebenden grade 
durch dieselbe auf ewig vereint sind, nicht eben eine grausame. 
Noch deutlicher aber wird diese Nachsicht gegen die Versündi- 
gungen der Liebe im Paradiese ausgesprochen und zwar ge- 
wissermassen ofliciell durch den Mund der auf dem Planeten 
Venus weilenden Seligen. Der Dichter trifft hier die Cunizza, 
Schwester des Tyrannen Ezzeliuo, und den Minnesänger Folco 
von Marseille, beides Personen, deren Lebenswandel von den 
Geschichtschreibern stark getadelt wird, und von denen Folco 
auch noch im Paradiese seine Liebesgluth auf Erden durch Ver- 
gleichung mit den bedenklichsten Beispielen des Alterthums als 
gewaltig schildert. Beide aber rühmen sich dieser Sünden und 
versichern ihn, dass sie „freudenvoll sich ihres Looses Ursache 
vergeben, kein Leid drob fühlendmk). Allerdings besteht zwi- 
sehen ihnen und der Fraucesca der Unterschied, dass diese, weil 
unmittelbar nach der Versündigung ermordet, nicht büssen konnte, 
während Folco später Möuch und sogar Bischof geworden war, 
und bei Cunizza wahrscheinlich die Busse, auch bei Beiden ein 
freilich ihrer Lebenszeit nach sehr rascher Durchgang durch das 
Purgatorium vorausgesetzt sein mag. Allein dennoch ist es be- 
zeichuend, dass der Dichter gerade diese Personen in den Vor- 
grund stellt und also damit ausspricht, dass selbst bei grossen 
Verirrungen die (lariirtvirkeiide Liebeswärme verdienstlich und 
lobenswerth sei. 
Versuchen wir diese verschiedenen Züge zu vereinigen, das 
stolze Selbstgefühl, die Freiheitsliebe ünd Ruhmbegiertle, den 
Ü Purg. IX. 311- und 63.
	        
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