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Dalmatien.
der Renaissance gemischten Styleä). Es ist, als ob die Luft des
Orients, die bis in diese Gegend dringt, die Empfänglichkeit für
das Gothische nicht aufkommen lässt; sie ist in der That hier noch
geringer als selbst im südlichen Italien.
In den darstellenden Künsten konnte der schmale
Küstenstreif Dalmatienis natürlich keine selbstständige Schule
bilden. Indessen finden sich einzelne von Einheimischen stam-
mende Werke, welche trotz unvollkommener Ausbildung und bei
dilettantischer Keckheit nicht unbedeutende Anlagen verrathen.
Von den Sculpturen des Raduanus am Dome zu Trau war schon
die Rede. Nicht minder merkwürdig ist aber ein grosses plasti-
sches Werk anderer Technik, die in Holz geschnitzte Thüre des
Domes zu Spalato, Welche zwar ohne Inschrift, aber nach einer
wegen ihrer Genauigkeit glaubhaften handschriftlichen Notiz um
das Jahr 1214 von Meister Andrea Guvina, einem Maler aus
Spalato selbst, gearbeitet ist im). Sie enthält auf jedem 'l'hürtlügel
vierzehn Darstellungen aus dem Leben Christi, jede mit stets
wechselnden Ornamenten von Flechtwerk oder Ranken eilige-
rahmt, und alle durch ein breites Thürgerüst mit grösseren, von
menschlichen und thierischen Gestalten belebten Arabesken zu-
sammengefasst. Die Darstellungen selbst sind zwar von sehr in-
correcter Zeichnung, aber von ungemeiner Lebendigkeit und
mit einer Fülle von anziehenden Motiven, Wobei zuweilen Figuren
mit charakteristisch slavischen Bewegungen vorkommen. Diese
Thür übertrifft sowohl in dieser Beziehung als im Stylgefühl die
beiden von S. Sabina zu Rom und von Alba fucese, und es ist
bemerkenswerth, dass auch hier, wie es in Deutschland so oft
vorkommt, ein Maler die Holzplastik betreibt. Eine weitereEnt-
wickelung der darstellenden Künste lässt sich aber nicht nach-
weisen und vom XIV. Jahrhunderte an sind die in Dalmatien ar-
beitenden Künstler Italiener aus verschiedenen Gegenden, aus
Ancona, Neapel, Mailand, oder auch Einheimische, die sich aber
dem italienischen Style anschliessen.
4') Organ für christliche Kunst, 1858, S. 273.
w") A. a. O. Taf. XVI. und S. 244. Die Thüre ist
und 10 Fuss 6 Zoll breit.
16 Fuss 3 Zoll hoch