Dante's
sittliches
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Wegungen; aber sie vermögen nichts über den freien Willen, den
er wiederholt die höchste Gabe der göttlichen Gnade nenntii).
Bis hieher sind die Eigenschaften, welche Dante rühmt,
durchweg die einer männlichen, selbstbewussten Seele, welche die
Verantwortung aber auch den Ruhm ihrer Handlungen für sich
in Anspruch nimmt, und deren Tugend sich mit einer selbst an
Härte streifendexi Strenge äussert. Allein er kennt dabei sehr
wohl den NVerth einer gehaltenen und milden Würde. Die schöne
Schilderung der grossen Männer des Alterthums im Limbus, "mit
"den ruhigen, ernsten Augen und dem Ehrfurcht gebietenden
„Antlitz, die wenig sprechen und mit sanfter Stimme" im), das
Auftreten Virgils, dann Danteis eigner Ahnherr Cacciaguida und
viele andre Gestalten beweisen dies zur Genüge. Dieser Würde
entspricht dann die Ehrerbietung, die solchen Männern gezollt
wird. Wenn Dante neben Virgil „mit verschämtem und gesenktem
Blicke, besorgt, es falle lästig ihm sein Reden", oder neben sei-
nem Lehrer Brunetto Latini einherschreitet „gebückt, wie wer
verehrend wandeltß, wenn er in der Hölle den grossen florentini-
sehen Bürgern und Staatsmännern die Achtung schildert, mit der
ihre Namen in der Heimath genannt werden, und sonst bei un-
zähligen Scenen des Begegnens geliebter und befreundeter oder
berühmter, nur durch ihren grossen Namen bekannter Personen
erkennen wir, dass sich mit jenem männlichen Stolze einjugend-
liches Bedürfniss der Verehrung, eine Empfänglichkeit für das
Grosse und Gute, die innigste, treueste Dankbarkeit besonders
für geistige Gaben, ja eine innere Demuth verbindet, die ein
sehr liebenswürdiges Bild giebt. Und da diese Aeussernngen
überall nicht als etwas Ausserorderltliches, sondern als das Ge-
wöhnliche und Hergebrachte auftreten, fühlen wir uns auf dem
Boden einer durchbildeten guten Sitte, einer Urbanität, wie sie
nur den Zeiten einer glücklichen harmonischen Entwickelung der
Cultur eigen zu sein pflegt.
Diese milde, ehrfurchtsvolle Stimmung bildet gewissermassen
Ü Vgl. c. XVI. cit. v. 73 und Parad. V. 19.
m") Inf. IV. 112, wo die ausdrucksvollen Worte: Con occhi tardi e gravl
kaum übersetzbar sind. Für die übrigen Anführungen Inf. III. 79. XV. 45.
XVI. 59.