Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Ungarn. 
fläche etwas vor, so dass seine äussern Pfeiler die benachbarten 
breiten Lisenen der Thürme decken und oberhalb einen Spitzgie- 
bel bilden. Innerhalb der dadurch gewonnenen stärkeren Ver- 
tiefung folgen einander je sechs Säulen, theils mit glatten, theils 
mit verzierten Stämmen, alle mit reichen Kapitälen und durch eine 
gewaltige, mit Ranken und Thierbildern phantastisch geschmückte 
Deckplatte verbunden, auf der dann die den Säulen entsprechen- 
den, aber sämmtlich glatt gehaltenen Rundstäbe der WVölbung 
anheben. Bei diesen tritt dann aber der sehr merkwürdige Um- 
stand ein, dass die Bögen verschiedener Art sind. Die drei inneren 
sind nämlich halbkreisförmig, die zwei nächsten zwar spitz, aber 
noch von gedrückter Gestalt, während der oberste als leichter 
und steiler Spitzbogen aufsteigt. Diese Anordnung ist ebenso 
sinnreich als ungewöhnlich. Auch an dem Riesenportale von 
St. Stephan in Wien kommen beide Bogenarten vor, aber doch 
nur so, dass die Spitze dem äussersten Rundbogen aufgesetzt ist; 
hier dagegen wächst der Spitzbogen allmälig aus dem Rundbogen 
hervor und es hat eine gewisse Berechtigung, wenn bei fortge- 
setztem Umschwunge die Bewegung sich nicht bloss im Maasse, 
sondern auch in der Art steigert. Jedenfalls ist das Resultat ein 
sehr günstiges und wir haben hier die seltene Erscheinung eines 
Meisters, der auch die decorative Bedeutung beider Bogenarten 
zu schätzen und für seine Zwecke zu henutzen wusste, die ruhige 
Gesetzlichkeit des Umkreisens und den kühneren luftigen Auf- 
sehwung des Spitzbogens. Die Ornamentation, welche über das 
ganze Portal ausgegossen ist, besteht fast durchweg in V aria- 
tionen gebrochener Stäbe, Welche als Rauten, Gitterwerk, Zick- 
zacklinien verschiedener Art, mit feinem rhythmischen Gefühle 
wechseln, und zwar so, dass sie nach innen zu zarter, nach 
aussen zu immer kräftiger werden, bis endlich der äusserste 
Spitzbogen durch einen sehr kräftigen rechtwinkelig gebrochenen 
Bundstab mit sehr wirksamen Schatten eingefasst ist und so die 
ganze Halle abschliesst. Ueber dem Spitzbogen sind dann noch 
an der Fläche des Giebels in elf aufsteigenden, kleeblattartigen 
Nischen die allerdings recht plumpen und kurzen Statuen Christi 
und der Apostel angebracht, welche, da der Raum nicht aus- 
reichte, ihre Ergänzung durch die zwei fehlenden Apostel in ähn-
	        
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