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Ungarn.
wenn auch ritterlich kräftigen Haltung und dem geregelten
kühnen Aufschwung der französischen Gothik ist sehr bemer-
kenswerth und es ist sehr begreiflich, dass die Magyaren an
dieser Erscheinung ihrer monumentalen Gebäude eine besondre
Befriedigung fanden.
Man kann nicht sagen, dass dieser Styl einer bestimmten
Gegend vorzugsweise angehört; er findet sich, meistens an
Klosterkirchen, über das ganze Land verbreitet. Das älteste Bei-
spiel ist die Kirche zu Lebeny (Leyden) im Raaber Comitat.
Das Kloster war 1202 gestiftet und es ist möglich, dass die Jah-
reszahl 1206, welche in neuem Zuhlzeichen, aber muthmasslich
nach einer ältern Inschrift einem Stein eingezeichnet ist, den An-
fang des Baues angiebt. Aber auch innere Gründe, der aus-
schliessliche Gebrauch des Rundbogens und die grössere Ein-
fachheit sprechen daflir, dass sie den andern Kirchen dieser Art
vorangegangen ist. Die Verhältnisse sind noch nicht festgestellt,
man ist sich noch nicht bewusst gewesen, wohin der nationale
Geschmack strebte. Das Mittelschiff hat noch verhältnissmässig
grössere Breite und grössere Höhe, so dass es luftiger erscheint,
die Thürme sind noch nicht in Stockwerke getheilt, und die
ganze Faqade ist ziemlich schmucklos und leer, nur dass das
Portal schon reich und anmuthig geschmückt ist.
Lebeny war der reichen Benediktinerabtei Martinsberg '51)
untergeordnet und auch diese erhielt ungefähr um dieselbe Zeit
eine neue, im Jahre 1222 geweihete Kirche, welche der von Le-
beny ähnlich gewesen zu sein scheint. Der westliche Vorbau ist
behufs einer Erneuerung im vorigen Jahrhundert abgebrochen,
aber die Pfeilerbildung und die Anlage der mittleren Theile
gleichen den dortigen, nur dass die Scheidbögen spitz sind.
Das vollendetste und prachtvollste Exemplar dieser Gruppe
ist die Klosterkirche St. J akW), unfern der steiermärkischeu
Grenze. Schon im Grundrisse ist hier eine Verbesserung bemerk-
S. über Läbäny den vortrefflichen Aufsatz von Essenwein mit Ab-
bildungen in den Mitth. II. 7 6., über Martinsberg das Jahrbuch I. 100.
Die ausführliche Beschreibung und zahlreiche, freilich zum Theil mehr
malerisch als architektonisch gehaltene Abbildungen geben die beiden oben
citirten Aufsätze in dem Jahrbuch S. 132 ff. und den Kunstdenkm. S. 83 1T.