Fünfkirchen.
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und ihre Werke waren ebenso wie die wenigen Leistungen alt-
christlicher Kunst, die hier bestanden haben mochten, längst ver-
nichtet oder mit Schutt bedecktü), als die wilden, räuberischen
Magyaren nach langen Verheerungen des Abendlandes von dem-
selben zuerst das christliche Bekenntniss, und dann sehr allmälig
christliche Civilisation annahmen. Hier wie da also ein nomadi-
sches, kriegerisches Volk, Welches seine Kunst erst spät vom
Abendlande, und zwar zunächst ausschliesslich von Deutsch-
land im) empfing, und sich auch später noch meistens deutscher
oder aus den deutschen Städten des Landes stammender Künstler
oder Handwerker bediente. Allein dennoch ist das Resultat ein
sehr verschiedenes; während die Kunst in Polen immer ein
Fremdling blieb, wurde sie hier wenigstens mit soviel Theilnahme
aufgenommen, dass sie sogar gewisse nationale Eigenthümlich-
keiten entwickelte.
Dies geschah indessen erst später und die ältesten bisher
nachgewiesenen Werke sind überaus roh und haben hauptsäch-
lich nur dadurch ein historisches Interesse, dass sie durchweg
deutsch-romanische Formen zeigen und also die Annahme eines
langanhaltenden byzantinischen Einflusses, an der man bisher für
Ungarn festhielt, widerlegen. Dies gilt von der muthmaasslich
schon von 1054 stammenden Krypta der Klosterkirche zu
Tihany am Plattensee und ebenso von den mehr durchbildeten
Details der grossexi fünfschifiigen Krypta des Domes zu Fün f-
k i r c h e n , welche einige Decennien später entstanden sein magtmpk).
Die darüber erbaute Kirche war eine tlachgedeckte Pfeilerbasilika,
deren ursprüngliche Details zwar durch mannigfache Zerstörun-
gen und Herstellungen unkenntlich geworden sind, an der uns
aber ausser den stattlichen Verhältnissen der Umstand interessirt,
S) Eine kleine unterirdische Kapelle mit altchristlichen Malereien ist
in der Nähe des Domes von Fünfkirchen entdeckt. Jahrbuch S. 119 und
Kunstdenkm. S. 79.
W) Wie bereits oben B. V. S. 154 angeführt, ist Villars de I-Ionnecourt
zufolge seiner Aeusserung in seinem Skizzenbuche nach Ungarn berufen
und hat sich dort eine Zeit lang (maint jour) aufgehalten, Indessen lässt
sich kein Gebäude, welches von ihm herrühren könnte, und jedenfalls kein
bleibender französischer Einiiuss nachweisen.
Eitelberger im Jahrb. a. a. O. S. 123.