Krakau.
661
man an einen hier durch die Ordensgemeinschaft leicht erklärbaren
Zusammenhang denken muss, während andererseits hier sowohl
wie im Dome an der geraden Schlusswand des Chors das Ge-
wölbe vermöge einer Mitteltheilung eine dem Polygonschlusse
ähnliche Gestalt hat, wie an einigen Kirchen in Preussen. Neben
diesen Spuren deutschen Einflusses fällt eine rohe Einrichtung auf,
Welche alle diese Kirchen gemein haben, die nämlich, dass der
Strebepfeiler, welcher am Oberschiffe von aussen sichtbar hervor-
tritt, schon unten in den Seitenschiffen dem Pfeiler in seiner rohen
viereckigen Gestalt angebaut ist. Die andern gothischen Kirchen,
sämmtlich wie die bisher genannten in Ziegeln erbaut, jedoch mit
Einmischung einzelner, in Haustein gearbeiteter Theile, verdienen
nicht besonderer Erwähnung, wohl aber einige Profanbauten.
Das alte Schloss der Jagellonen liegt zwar in Trümmern
und das Rathhaus ist bis auf einen stehengebliebenerl Thurm ab-
gebrochen, aber die gewaltige Tuchhalle, welche Kasimir der
Grosse zur Beförderung des Handels um 1358 mit einer Länge
von 324 und einer Breite von 34 Fuss errichtete, besteht noch,
wenn auch in Folge eines Brandes von 1559 mit Abänderungen,
Welche den ursprünglichen Charakter entstellenä). Auch von den
grossartigen Befestigungswerken, der doppelten Mauer nebst
dem Graben, den sieben Thoren und den 31 kleineren 'l'hürmen
sind noch bedeutende Theile erhalten, vor Allem das kolossale
Floriani Thor, ein ausserhalb der zweiten Mauer liegendes, mit
allen Vertheidigungsmitteln ausgestattetes Werk von kolossalen
"Verhältnissenääü.
Wie in der Architektur herrscht auch in den darstellen-
den Künsten bis zu dem Eindringen der Renaissance. die
deutsche Schule vor; die zahlreichen Altäre des XV. Jahrhunderts
mit Schnitzwerk und Gemälden gehören ihr unzweifelhaft an und
Selbst die berühmten Werke des Veit Stoss, wenn er auch in
Krakau geboren sein sollte, tragen dasselbe Gepräge. Die deutsche
Kunst verdankte diesen Einfluss nicht etwa der Gunst der Könige,
welche vielmehr in Folge ihrer häufigen Verbindungen mit dem
1) Mmh. VIII. 131.
"Q Vgl. die von vortrefflichen Zeichnungen
Essenwein in den Mittb. I1. 315.
begleitete Beschreibung
VOR