Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Schottland. 
aber auch von der bisherigen Abhängigkeit von dem begünstigten 
Nachbarlande befreite. Es kann sein, dass die Verbindung mit 
Frankreich, wohin als zu ihrem natürlichen Bundesgenossen die 
Schotten jetzt ihre Blicke richteten, wo ihre Könige und Grossen 
sich als Flüchtlinge und Hülfesuchende oft aufhielten, zu dieser 
Veränderung beigetragen haben mag. Indessen ist eine entschiedene 
Nachahmung französischer Formen nicht nachzuweisen, höch- 
stens kann man im Fenstermaasswerk eine Hinneigung zu den 
weichen Bogenlinien des „ flammenden "t Styles wahrnehmen. 
Aber wohl mochte die Vergleichung dieser verschiedenen Style 
die schottischen Meister selbstständiger machen, so dass sie, als 
sich in der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts die Baukunst 
wieder hob, zwar von den hier recipirten Formen des friihengli- 
scheu Styles ausgingen und dieselben reicher und anmuthiger 
auszustatten suchten, aber keineswegs den Wandlungen der eng- 
lischen Gothik folgten. Pennoch kamen gewisse Einzelheiten des 
ndecorirten" Styles auch hier in Aufnahme; die Art des Kapitäl- 
schmuckes, die Ornamentation an den Bögen und in ihren Höh- 
lungen, die künstlichen Versehlingungen der Rippen an den Ge- 
wölben. Die Ostwand wurde nun auch hier wie in England statt 
mit vielen einzelnen lancetförmigen oder sonst verschiedenartig 
gebildeten Oetfnungen mit einem gewaltigen, vieltheiligen und 
mit Maasswerk gefüllten Fenster versehen. Aber in andern Be- 
ziehungen gingen die schottischen Architekten wieder ihre eige- 
nen Wege; die Pfeiler behielten oft die Rundgestalt oder doch 
derbere Formen als in England, das Fenstermaasswerk gleicht, 
wie schon erwähnt, mehr dem flammenden der französischen 
Schule, als dem fliessenden der englischen, der halbkreisförmige 
Bogen verschwindet niemals völlig. Besonders kommt dieser 
häutig an Portalen vor, welche meistens von mässiger Dimension, 
aber zierlicher Ausführung, an den Seitenwänden mit schlanken 
Säulen und reichen Kapitälen, in den Kehlen der Archivolten nach 
englischer VVeise mit dem s. g. Hundszahn oder verwandten Orna- 
menten ausgestattet, und oben durch einen auf Consolen ruhenden 
und ähnlich verzierten Deckbogen geschlossen, eine sehr anmu- 
thige, bescheidene und doch hinlänglich geschmückte Erscheinung 
geben und sich sehr vortheilhaft von den geschweiften, üppigen
	        
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