Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Dante's 
sittliches 
IdeaL 
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Viel wichtiger und in viel engerem Zusammenhange mit der 
Tugend stehend ist dann aber dieLieb e d e s R u h m s.Wie sehr diese 
im italienischen Charakter liegt, zeigten uns schon in der vorigen 
Epoche die vielen und stolzen Inschriften oft höchst unbedeutender 
Künstler. Dante verkennt die Schattenseite dieser nationalen Eigen- 
schaft nicht, in einer, den Kunstfreunden Wohl bekannten Stelle 
lässt er den Miniaturmaler Oderigi sich ausführlich über die "Eitel- 
keit des künstlerischen Ruhmes" ergehn. Aber der Tadel trilft 
weniger die Ruhmlieb e, als den Stolz, zu Welchem die Künst- 
ler sich durch den vermeintlich bereits erlangten Ruhm so leicht 
verleiten lassen. Vor diesem warnt Dante, indem er ausführt, 
dass die Anerkennung der Zeitgenossen täuschend sei und der bei 
ihnen erlangte Ruhm leicht durch die besseren Leistungen späterer 
Künstler verdunkelt werde. Nur gegen dieses täuschende Meinen 
ist daher auch das starke Wort gerichtet, „dass es nicht höhern 
VVerth habe, als des Windes Hauchmk). 
Gegen den Werth des Ruhmes an sich, des bleibenden, wirk- 
lich erlangten, und besonders gegen die Ruhmesliebe udll er da- 
mit uicht angehn. Diese Letzte behandelt er vielmehr immer als 
etwas Lobenswerthes. Er selbst bekennt sich wiederholt zu ihr, 
lässt sich Ruhm weissagen, und auf der Höhe des Paradieses, 
Wo er sich einwirft, dass sein Gedicht Manchen unliebsame 
VVahrheiten vorhalten werde, giebt er als Grund für die Abfassung 
desselben, nicht etwa Pflicht, nicht Wahrheitsliebe, sondern die 
Furcht an, den Nachkommen unbekannt zu bleiben  In einer 
andern Stelle scheint er den Ruhm nicht bloss als das grösseste 
und würdigste der irdischen Güter, sondern sogar als ein stär- 
für unsern Zweck nicht vermindert.  Im Inf. XXIX. 31 klagt ein Verwandter 
Dante's darüber, dass er noch nicht gerächt sei, und Dante erkennt das als 
einen Vorwurf, der ihn trifft. Er scheint daher selbst die Blutrae-he, also die 
schlimmste Art der Parteiung, in gewissem Grade anzuerkennen. 
F] Purgat. XI. 79. Auch in der Beziehung ist die Stelle merkwürdig, weil 
sie deutlich das Bewusstsein des Dichters zeigt, dass seine Zeit eine mächtig 
fortschreitende sei, wo leicht auch die vorzügliche Leistung von Späteren über- 
troffen werde: „0 eitler Ruhm des menschlichen Vermögens, wie kurz das Grün 
an deinem Wipfel dauert, wenn eine rohe Zeit (etadi grosse) darauf nicht 
folget." [Philalethes] 
a") Parad. XVII. 118. lnf. XV. 70. Parad. XXV. 1.
	        
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