Dom
Sevilla.
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Gothik sonst ausschliesslich angewendeten Bündelpfeiler treten
hier häufig, wie in Belgien, Bundsäulen, welche, da die Seiten-
schiffe fast die Höhe des Mittelschiffes erreichen und die Ober-
lichter fortfallen, auf ihren schmucklosen Kapitälen die Rippen
der sternartigen Gewölbe tragen i). Diese Kirchen, unter
denen S. Maria zu Tolosa die bedeutendste ist, gleichen daher
fast nordischen Hallenkirchen. Auch ausserhalb dieser Provinzen
findet sich zuweilen die Halleuform, namentlich an der Kathedrale
von Saragossa, wiederum mit künstlichen Bippenverschlin-
gungen des Gewölbes, jedoch nun wieder mit reich gebildeten
Bündelsäulenw).
Auf die Gothik des XV. Jahrhunderts im Allgemeinen muss
ich später zurückkommen, da ihre Gestalt für die Richtung des
spanischen Geistes bei seinem Uebergange in die neuere Zeit
bezeichnend ist. Indessen will ich der Kathedrale von Sevilla
noch hier gedenken, weil sie gleich am Anfange dieses Jahr-
hunderts begonnen, gewissermaassen den Abschluss und das
Resultat der bisherigen Entwicklung bildet. Die uralte bischöf-
liche Kirche war von den maurischen Fürsten vergrössert und in
eine Moschee verwandelt, welche dann nach der Wiedereinnahme
wieder dem christlichen Cultus diente. Im Jahre 1401 fasste aber
das Kapitel den Beschluss eines Neubaues und verkündete in
demselben, mit einer Kühnheit, fdie bei der Geringfügigkeit der
vorhandenen Mittel einen fast orientalischen Klang hat, dass die
künftige Kirche an Grösse und Schönheit alle bisherigen Kathe-
dralen übertrelfeu sollte. In Beziehung auf die Grösse ist dies in
Erfüllung gegangen, alle übrigen Kathedralen Spaniens stehen
hinter dieser zurück, was Sie freilich zum Theil den maurischen
Vorarbeiten verdankt. Denn wie die prachtvolle Giralda noch jetzt
als Glockenthurm dien-t und ein maurisches Thor den Eingang
zu dem noch fast völlig in seiner maurischen Einrichtung erhal-
tenen Vorhofe , dem „Hof'e der Orangenu gewährt, hat auch die
Kirche die Fundamente und den Umfang der Moschee behalten.
Sie bildet, abgesehen von der im Renaissancestyl angebauten
flachen Chornische, ein einfaches Rechteck von 291 Fuss Breite
Ü Villa Amil III. Taf. 28 und
"j Daselbst Taf. 45 und 47.
VII.
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