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Sicilische
Architektur.
Deutlicher und günstiger zeigt sich der Anschluss an tosca-
nische Vorbilder an den Palästen, welche die jetzt zu fürstlicher
Macht gelangten Barone ihrem Reichthume und ihrer kriegeri-
schen Stellung entsprechend anlegterl. Wie an den florentinischen
Palästen steigt das Aeussere in wohlbehauexien Quadern mit ho-
hem undurchbrochenem Unterbau und hochgelegenen mehrtheili-
gen Fenstern stolz und drohend empor, während die innern Höfe
hier oft in mehreren Stockwerken von Arcaden auf Marmorsäulen
mit korinthischen Kapitäleil umgeben, leicht und in fürstlicher
Eleganz erscheinen. Eine kolossale Anlage dieser Art ist der
Palazzo Chiaramonte (1307-1380), jetzt die Dogana, zu Pa-
lermo, eigenthümlicher aber der Palazzo Sclafani daselbst (1330).
jetzt Ospedale grande, an dem von unten auf Lisenen aufsteigen,
welche oberhalb des die Fenstertragendeil Gesimses dieselben mit
durchschneidenden Bögen umschliessenää). An einem andern,
wahrscheinlich auch von den Chiaramonti erbauten Palaste un-
fern der Kirche del guadagno bei Palermo sind die zweitheiligen
spitzbogigen Fenster mit Zickzackornamenteix vielfarbig ausge-
legt, ähnlich der Chorseite des Doms von Monreale oder der Fa-
cade des Doms von Cefalüäßä). Andere theils einfachere, theils
ähnlich geschmückte Paläste finden sich in Taormina, Bandazzo,
Siracusa u. a. 0331314).
Um das Ende desXIVJahrhunderts beginnt der Geschmack
zu schwanken. An S. Maria della catena zu Palermo-f) ist
bei der leichten und graciösen, wahrscheinlich bald nach 1392 er;-
bauten Vorhalle an Stelle des hohen, gestelzten Spitzbogens ein
gedrückter Kreisbogen getreten, und während dies schon eine
Hinneigung zur Renaissance zu verrathen scheint, hat die Kathe-
drale von Messina ohne Zweifel erst im Anfange des XV. Jahr-
hunderts ein Hauptportal in dem ausschweifenden Geschmack des
Bamboccio erhalten H), mit gewaltigem von Figuren bedecktem
Gally Knight Tab. 78. Hittorf im Frontispiz.
M) Abbildung in Cäsar Daly, Rev. de l'Arch. V01. XII. Tab. 14 col. 115.
Der verlassene Palast heisst in der Volkssprache Torre de" Diavoli.
ä") Näheres bei de Marzo I. 338 ff. Cäsar Daly, Rev. de l'Arch. XV.
col. 190.
1'] Hittorf, Taf. 49.
f?) Daselbst Taf. 3. Die Statuen der Fialen sind spätem Ursprungs.