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Neapel
im
XIV. Jahrhupdert.
misstiel, dass sie sie herunterschlagen und nun neue Compositio-
nen durch jenen Toscaner ausführen liess. Uebrigens Waren es
nicht bloss Oberitaliener, welche hier ihr Glück machten, sondern
im Dome zu Trani nennt sich sogar mit der Jahreszahl 1432 ein
Franzose: Johannes de Francia, allerdings nur auf einem Tafel-
bilde, das indessen, da die französische Malerei um diese Zeit
keineswegs einen grossen Ruf hatte, eher hier gemalt als hierher
gesendet sein wird
Mit etwas grösserem Rechte als in der Malerei mag man in
der Sculptur von einer neapolitanischen Schule sprechen; denn
es finden sich zahlreiche plastische Werke des XIV. Jahrhunderts
und alle mit einem gemeinsamen localen Charakter, der sie von
den Arbeiten der andern Schulen Italiens unterscheidet. Allein bei
näherer Betrachtung zeigt sich, dass dabei doch wieder tosca-
nische Formgedanken zum Grunde. liegen, und dass die Eigen-
thümlichkeit nur in dem minder feinen Gefühl für das Maassvolle
und geistig Bedeutsame und in einer materielleren und stumpferen
Auflassung liegt. Diese Werke sind fast ausschliesslich Grab-
monumente fürstlicher oder vornehmer Personen, welche sowohl
im Architektonischen wie im Figurenschmucke im Wesentlichen
die Motive jener ersten, wie wir gesehen haben, von Toscanern
hergestellten Denkmäler beibehalten und auch in der Ausführung
ziemlich monoton sind. Der Verstorbene auf seinem Sarkophage,
die Leidtragenden und Heiligen, dann besonders die dem Be-
schauer zunächst stehenden Tugendgestalten mit ihren bauschigen
Gewändern und schwerfälligen Flügeln haben fast immer diesel-
ben Stellungen, denselben breiten, ziemlich ausdruckslosen Ge-
sichtstypus, dieselbe mehr oder weniger schwerfällige Gewan-
dung. Bei vergleichender Prüfung wird man wohl dem einen oder
andern dieser Denkmäler gewisse Vorzüge zuerkennen, aber man
wird schwerlich eines entdecken, welches durch Feinheit des
Ausdrucks oder durch neue Gedanken ein besonderes Interesse
erregte. Sie tragen einen Gattungscharakter und es scheint fast,
als ob die Künstler selbst auf eine feinere Durchbildung der aller-
dings grossentheils mit Gold und Farben bedeckten Form keinen
Werth legten.
Vgl. über alle diese Maler Schulz 1., 281 und 114.