Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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Süd-Italien. 
bequeme Consequenz des gothischen Styls mehr zur Sprache kam 
und überdies die Pietät und Gewohnheit der Eingebornen stärker 
dem Fremden widerstrebte, erlangte er nur in der Hauptstadt 
Neapel durch die fortdauernde Gunst der königlicheir Familie eine 
bleibende Bedeutung. Hier sind oder waren in der That die mei- 
sten Kirchen gothisch gebaut. So ausser der obenerwähnten von 
S. Lorenzo maggiore der Dom S. Gemlaroä), die grosse mit 
Einrechnung der Kapellen fünfschißige Klosterkirche S. Dome- 
nico  S. Eligio maggiore, S. Chiara, S. Giovanni-a-mare und 
viele andere. Die Details dieser Kirchen sind vollkommen franzö- 
sischen Styls, nicht in irgend einer italienischen Umbildung, und 
beweisen dadurch, dass dieselben von französischen Baumeistern 
hergestellt wurdengßwe), die aber in wesentlichen Punkten von 
ihren Gebräuchen abwichen, um sich denen des Landes zu fügen. 
Das Mittelschiff hat statt des Kreuzgetvölbes eine flache Decke 
oder ein 'l'onnengewölbe, die Choranlage ist, mit Ausnahme der 
schon erwähnten Kirche S. Lorenzo maggiore, vereinfacht und 
ohne Kapellenkranz, die Glockenthürme sind durchweg nach ita- 
lienischer VVeise gebildet und mit Ausnahme von S. Domenico, 
wo sie die offene Vorhalle begrenzen, ohne alle Verbindung mit 
der Kirche. 
Mit diesen Modiiicationen erlangte der fremde Styl in der 
Hauptstadt gewissermassen das Bürgerrecht, so dass er sich bis 
zum Eindringen der Renaissance erhielt. In den Provinzen da- 
gegen blieb er völlig fremd und wurde nur durch einzelne Kirchen 
vertreten, bei denen man meistens nachweisen kann, dass sie 
von den Königen gestiftet und von französischen Architekten ge- 
baut waren. 
Die bedeutendsten unter diesen werden ohne Zweifel die drei 
i") Grundriss bei Schulz III. 1B. 
w) Zeichnungen bei Lübke in den Mitth. a. a. O. S. 223. 
i'm) Vasari schreibt den Dom dem Niccolö Pisano, der (unten näher zu 
erwähnende) neapolitanische Kunsthistoriker De Domenici aber einem ein- 
heimischen Meister, dem von ihm s. g. Masuccio I., zu. Abgesehen, dass 
selbst die Existenz dieses letzten durch keine Urkunde oder Inschrift er- 
wiesen ist, ist es durchaus undenkbar, dass Italiener sich so unbedingt in 
französische Formbildung fügen können, wie es in den im Texte genannten 
Kirchen geschehen ist.
	        
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