Einfluss
französischer
Gothik.
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Eine frühgothische französische Anlage findet sich demnächst
bei einer kleinen Gruppe verwandter Kirchen, von denen Wenig-
stens die eine schon vor der Ankunft des Hauses Anjou entstan-
den sein dürfte. Diese Kirchen haben nämlich ein Querschiff von
bedeutender Ausladung mit einer Concha auf der Ostseite jedes
Armes, und demnächst einen stark verlängerten, halbkreisförmig
schliesseilden Chor mit einem Umgange, dabei aber nicht, wie es
seit den ersten Jahrzehnten des XIII. Jahrhunderts in Frankreich
Regel War, den vollen Kranz von fünf oder sieben dicht anein-
anderstehenden, sondern nur drei Kapellen. An der alterthüm-
lichsten dieser Kirchen, dem Dome von Acerenzak) (in der Basi-
licata, jedoch im nördlichen Theile nahe an der Terra di Lavoro),
gleicht diese Choranlage völlig derjenigen, welche im mittleren
Frankreich schon frühe im XII. Jahrhundert erfunden und na-
mentlich an der Abteikirche St. Etienne in Nevers angewendet
wurde. Hier sind nämlich, um die Schwierigkeiten zu vermin-
dern, welche die Ausführung von gleichen Kreuzgewölben in der
Rundung des Chorumganges verursachte, abwechselnd grössere
viereckige, der Weite einer Kapelle entsprechende, und kleinere
keilförmige Gewölbfelder angelegt, denen keine Kapelle angefügt
wurde und die also neben und zwischen den drei in dieser Weise
zu Stande kommenden Kapellen Lücken bildeten. lm XIII. Jahr-
hundert bedurfteman solches Auskunftsmittels nicht mehr und
behielt diese Anordnung nur in einzelnen Fällen, wahrscheinlich
mit Rücksicht auf frühere Fundamente bei Dies und die
strenge einfache Haltung machen es wahrscheinlich, dass die
Kirche von Acerenza noch aus der Frühzeit des XIII. Jahrhun-
derts stammt und ihren Plan durch eine nicht mehr zu ermittelnde
Verbindung mit Frankreich erhalten hat. Der zweite Bau dieser
Gruppe gehört dem in derselben Diöcese gelegenen damaligen
Benedictinerkloster S. Trinitä zu Venosa an und wurde von den
Aebten in einer nicht genau angegebenen Zeit des XIII. Jahr-
hunderts begonnen und neben der bestehenden alten Kirche fort-
gesetzt, bis der Papst im Jahre 1292 angeblich wegen Verfalls
"Ü A- a. 0. I. 316, Grundriss Tf. 31, ö.
w) Vgl- in Viollet-le-Duc Dictionnaire: St.
dle Kath. von Chartres II. 312, die von Rouen I.
Etienne
237.
Nevers,
173.