Ravello.
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gebildet waren, gerade jetzt in der zweiten Hälfte des XIII. Jahr-
hunderts hier Aufnahme fanden, ist überall nicht zu ermitteln;
der Zusammenhang dieser festländischen Küste mit Sicilien war
unter der Herrschaft des normannischen und des hollenstautischen
Hauses genau derselbe gewesen, wie im Anfange der Regierung
CarPs I., und es ist sehr merkwürdig, dass um dieselbe Zeit, wo
dieser durch seine französischen Baumeister gothische Kirchen
errichten liess, die Eingebornen jenen normannisch-maurischeu
Styl aus dem Lande herüberholten , das damals schon anfing zu
grollen und bald darauf (1282) der französischen Herrschaft durch
die sicilianische Vesper ein Ende machte. Man könnte daran er-
innern, dass diese künstlerische Verbindung ungefähr in derselben
Gegend auftritt, wo Johann von Procida schon damals die Fäden
einer politischen Verschwörung mit Sicilien anknüpfte, und daher
auch in dieser Annahme sicilischer Formen eine Opposition gegen
die Franzosen suchen. Allein so ernste Rücksichten lagen hier
schwerlich zum Grunde, und nur so viel ist denkbar, dass die
Berührung mit der für den hiesigen Geschmack zu strengen fran-
zösischen Gothik die einheimischen Meister anregte, derselben
einen andern glänzenderen Schmuck entgegenzustellen, den sie
dann aus Sicilien heriiberholten, aber auch sofort in das Schwül-
stige und Ueppige übertrieben. Eine Bestätigung dieser-Annahme
kann man darin finden, dass einige, wie es scheint, noch um den
Schluss des XIII. Jahrhunderts fallende Bauten in Amalii und den
benachbarten Ortschaften, besonders aber der Kreuzgang in
S. Domenico zu Salerno ü) den Versuch zeigen, jene maurischen
Durchkreuzungen dem gothischen Style aufzudrängen, indem man
sie als Maasswerk in streng gehaltene Spitzbogenößnungen ein-
fügte; ein Versuch, der gleich in die ersten Anfänge gothischer
Studien eine Willkür hineinbrachte , die Alles übertraf, was im
Norden in der Zeit des Verfalles aufkam und dabei noch überdies
plump und schwerfällig austiel.
Spuren des nordisch-romanischen Styls aus der Zeit der
normannischen Herrschaft sind überaus selten. Nur die Vorhalle
von S. Angel o in formisi-WF] unfern Capua mit fünf auf stäm-
i") A. a. 0. p. 299 und Tf. 84. s. a. Abb. auf der folg. Seite.
H) A. a. O. II. S. 170, sowie Tf. 70 u. 71.