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Das
südüche
Italien.
Gebirgslaild der Abruzzen. Nur durch seine schmale Süd-
grenze mit dem Königreiche zusammenhängend, im Osten mit
schroffen unwirthlichen Höhen zum adriatischen Meere abfallend,
im Norden und Westen vom Kirchenstaate umgeben, dabei hoch-
gelegen und kalt, nur zur Jagd, zur Viehzucht und in den ge-
schützten Thälern zum Obstbau geeignet, ist es von einer dürf-
tigen und einfachen Bevölkerung bewohnt, die für den Absatz
ihrer Producte und für Arbeitsgewinn mehr auf das nahe gelegene
Rom als auf Neapel hingewiesen ist. Diese Umstände, die Nähe
und der Einfluss des Kirchenstaates und die Einwirkung einer
phantastischen rauhen Natur spiegeln sich auch in ihrer Kunst.
Das Bestreben nach Herstellung eines baulichen Organismus ist
hier noch schwächer als in den südlich angrenzenden Provinzen.
Die Kirchen sind fast durchweg flachgedeckte Basiliken, nur dass
an Stelle der Säulen häufig Wandpfeiler treten; sie haben oft,
wie beides sich auch im Kirchenstaate findet, eine Vorhalle, und
an Stelle des Giebels einen rechtwinkeligen Abschluss der Faeade.
Römische Marmorarien nennen sich einige Male und die decora-
tiven Werke zeigen einen bleibenden Einfluss derselben, aber die
Ornamentation der Gebäude selbst verleugnet oft die milde Weise
der römischen Schule und gefällt sich in phantastischem Bildwerk
und in derben fremdartigen Formen. Namentlich kommt, obgleich
sonst jede Spur maurischen Einflusses fehlt, an Portalen wiederholt
der flufeisenbogen vor und verbindet sich mit Zeichen eines nor-
dischen Einflusses, der hier durch Lage und Klima begünstigt war.
Das interessanteste Beispiel dieser phantastischen Styl-
mischung giebt die Kirche des alten und berühmten Klosters
S. Clemente am Flosse Pescara, welche zufolge ausführlicher
Nachrichten im Jahre l 176 angefangenist. Die Anlage desInnern,
eine flachgedeckte Basilika mit einem Querschiffe und drei Con-
chen, dann aber auch die drei in die Schiffe einführenden Portale,
jetzt unter einer später hinzugefügten Vorhalle, stammen noch aus
dieser ersten Bauzeit. Sie sind, abweichend von den Portalen der
bisher betrachteten Provinzen, ziemlich stark vertieft und mit
flachgehaltenen Hufeisenbögen gedeckt, welche vermittelst eines
Kämpfergesimses auf Wandpfeilern und Pfosten ruhen. Bei den
beiden äusseren Portalen ist dies in einfachster Weise durchgeführt.