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Das
südliche
Italien.
dem griechischen Reiche mussten ihn begünstigen. Auch fehlt
es nicht an Beweisen künstlerischen Zusammenhanges. In
der zweiten Hälfte des XI. Jahrhunderts besorgte eine einzige vor-
nehme Familie, die der Pantaleonen von Amalli, eine ganze Zahl
eherner Thüren für Italien aus Constantinopel, und liess der Abt
Desiderius von Monte Cassino ganze Schaaren von Arbeitern
von dorther kommen. In gewissen Gegenden erhielt sich sogar
noch viel länger nebst griechischer Sprache und griechischem
Ritus eine byzantinisirende Manier der Andachtsbilder, wie wir
an der schon früher erwähnten Malerfamilie der Byzamannus in
Otranto bemerkten. Aber dennoch war dieser Einfluss im Ganzen
ein sehr geringer. Es gab keine Stätte, wo er so stark wurde,
wie in St. Marco von Venedig, keine Epoche, wo man ihn aus
technischem Bedürfnisse gesucht hätte, wie es die oberitalienische
Malerei im XIII. Jahrhundert that. Am Stärksten ist er in den
Bauten der östlichen, am adriatischen Meere gelegenen Provinzen,
aber auch da beschränkt er sich nur auf einzelne Motive oder auf
Details der Ornamentation, während die Anlage fast durchgängig
die abendländische basilikenartige bleibt.
Arabischer Einfluss ist einige Male unverkennbar; in
S. Niccolö zu Bari ,.wo ein Fries sogar eine arabische Inschrift
enthält, an einer ehernen Thüre in Canosa, wo die Medaillons
mit maurischen Mustern gefüllt sind. Aber diese Fälle sind völlig
vereinzelt, und der in gewissen Gegenden, namentlich in den
Abruzzen, wiederholt vorkommende Hufeisenbogen steht auch hier
ganz allein, ohne andre Spuren maurischer Einwirkung.
Der stärkste Beweis der künstlerischen Unempfänglichkeit
dieser Gegenden ist, dass auch die lange politische Verbindung
mit Sicilien und der hier aus byzantinischen, maurischen und
nordischen Elementen gebildete Styl fast gar keinen Einfluss aus-
übte. Die zahlreiche Schule von Mosaicisten, welche dort so
bewundernsvverthe Werke hervorbrachte, hat hier auch nicht ein
einziges Mal Beschäftigung gefunden, der Spitzbogen, der dort
so frühe und ausschliesslich herrschte, blieb hier ein Fremdling,
und die pikante, aus maurischen Elementen geschaffene Decora-
tion der sicilianischen Bauten fand nur an einzelnen Stellen der
Westküste eine späte und vorübergehende Anwendung.