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Malerei.
und unangefochten und die Nebenpersonen theils in einer bloss
körperlichenBewegung, theils in den passivenAtfecten derFurcht
und des Schreckens darzustellen. Scenen dieser Art wiederholen
sich, der h. Georg trinkt den Giftbecher ohne Furcht und ohne
Schaden; er soll von Rädern zerschmettert werden, bleibt aber
unversehrt, da Engel die Räder zerschlagen; er steht dann stand-
haft im Tempel, wo cr den falschen Göttern huldigen soll und
duldet selbst die Enthauptung mit Ruhe. Und ganz ähnlich sind
die Martern und der endliche Tod der Weiblichen Heiligen. Auch
die h. Katharina leidet durch die Kraft des Rades nicht und erliegt
erst der Exithauptung. Bei der h. Lucia ist besonders die Scene
"interessant, wo sie von kräftigen Stieren, die an einen um ihren
Leib gesehlungenen Strick gespannt sind, ungeachtet aller An-
strengungen der Thiere selbst und ihrer Treiber nicht von der
Stelle gebracht werden kann. Demnächst aber wird auch sie ver-
geblich in den Flammen und in siedendem Oele gemartert, stirbt
erdolcht und erscheint dann endlich auf dem Paradebette in der
Kirche, vom Volke verehrt. Die Gestalt dieser Heiligen ist nicht
ohne Schönheit, aber etwas völlig, selbst schwer, vielleicht weil
diese Auffassung dem Künstler erleichterte, die Seelenruhe seiner
Heiligen gegenüber dem angstvollen Bemühen ihrer Peiniger zu
versinnlichen. Aber auch der Kampf des h. Georg mit dem Dra-
-chen und die Erregung der Verehrer der h. Lucia an ihrem Sarge
sind mit einer grossen Ruhe dargestellt, die indessen nicht ohne
Würde und Anmuth ist und an die ähnliche Eigenschaft. in den
Gemälden des Masaccio erinnert.
Ueber die Urheber dieser ausgezeichneten Gemälde und ihr
Verhältniss zu denen der Felixkapelle haben wir keine urkund-
licheNachricht, indessen hat man auf einem Gemälde in S.Giorgio
und zwar auf dem Tode der h. Lucia eine Inschrift entdeckt,
welche nach den darüber angestellten Untersuchungen „Avan-
ci usWF) lautet, und somit einen Namen ergiebt, der freilich nicht
4') So las Förster, welcher zufolge seines Berichtes dieselbe mit Sel-
vatico untersuchte und seine Durchzeichnung nahm. Bei einer spatern
von dem Padre Gonzati wiederum unter Zuziehung von mehreren Kunst-
freunden uni namentlich des Selvatico vorgenommenen Untersuchung änderte
"dieser seine Ansicht und glaubte "Jacobus" lesen zu müssen. Da indessen
die andern Theilnehmer dieser Untersuchung und eine neue Dnrchzeichnung