Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

Zweites 
Kapitel. 
Ideal 
und 
Wirklichkeit. 
Während die Italiener, wie wir im vorigen Kapitel sahen, in 
allen praktischen Beziehungen, im politischen und socialen Le- 
ben, im Verhältniss zur Kirche, selbst in der Wissenschaft sich 
als nüchterne Leute von kaufmännischer Klugheit zeigten, bei 
denen die idealen Begriffe der nordischen Nationen keine Stätte 
fanden , bildete sich bei ihnen in anderer Beziehung ein noch viel 
weiter gehender Idealismus aus. Die Richtung desselben erkennen 
wir am (leutlichsten in der Geschichte ihrer Sprache und Poesie, 
auf die wir daher mit wenigen Worten eingehen müssen. 
Es War ein eignes Schicksal und recht bezeichnend für die 
Art ihrer Nationalität, dass sie am Anfange des XIII. Jahrhun- 
derts, also zu einer Zeit, wo sie schon siegreich die Herrschaft 
der deutschen Kaiser zurückgewiesen hatten und auf der Höhe 
ihrer republikanischen Freiheit standen, bei einer Civilisation, 
welche die ihrer nordischen Zeitgenossen wesentlich übertraf, 
noch keine allgemeine, für höhere Zwecke ausreichende Sprache 
und daher keine eigene Poesie besassen. Die Dialekte, die dem 
gewöhnlichen Verkehre dienten, Ivaren nur in beschränktem Um-- 
kreise verständlich und jedenfalls für schriftliche Aufzeichnung 
nicht vorbereitet, und das Latein, welches noch als allgemeine 
Sprache galt und daher bei allen öffentlichen Geschäften, in der 
Wissenschaft, bei Gericht, von den Notarien und selbst von den 
Predigern auf der Kanzel gebraucht wurde, War doch trotz der 
vielen Barbarismen, die sich aus den Dialekten eindrängten, den 
Ungelehrten eine fremde Sprache. Eine Unterhaltung in einem 
aus beiden Geschlechtern gemischten Kreise lateinisch zu führen, 
VII. S
	        
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