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'l'oscanische
Malerei.
chung des h. Thomas die Ausgiessung des h. Geistes dargestellt,
was uns einen Fingerzeig für die vollständige Deutung des gan-
zen bildlichen Schmuckes der Kapelle giebt. Sollte das zuletzt be-
schriebene Bild im vollen Sinne des Wortes die streitende und
die triumphirende Kirche darstellen, so Wäre sie ein Ganzes für
sich, das mit dem Uebrigen in keinem organischen Zusammen-
hange Stände. Es ist vielmehr nur die streitende Kirche, die frei-
lich zur triumphireinlen hinführt, und zwar als Arbeitsfeld der
Dominicaner. Christus (die Altarseite) und Dominicus (die Ein-
gangsseite] sind die Ausgangspunkte für die theoretischen und
praktischen Leistungen des Ordens, welche demnächst auf den
Seitenwänden selbst dargestellt und so den zum [Capitel versam-
melten Brüdern vergegenwärtigt werden sollten.
V asari erklärt die Verklärung des h. Thomas und die Decken-
bilder für die Arbeit des 'l'addeo Gaddi, alles übrige für die des
Simon von Siena und ergiesst sich dabei in grosses Lob des Etlel-
muthes jener guten Zeit und des 'l'addeo, der, obgleich mit dem
Ganzen beauftragt, zur Beschleunigung der Sache die Theilnahme
seines Freundes Simon so brüderlich gestattet habe. So kann
sich die Sache nun schon nach den urkundlichen Nachrichten über
diese Kapelle nicht verhalten; man muss vielmehr nach denselben
annehmen, dass die Ausmalung erst nach Simon's Tode (1344)
und jedenfalls erst nach dem Jahre 1339, wo er Italien für immer
verliess, angefangen ist. Denn bei dem Tode des Stifters im Jahre
1355 War die Malerei so wenig vorgeschritten, dass dieser noch
eine sehr bedeutende Summe dafür aussetzte und sein Bruder die-
selbe noch ansehnlich vermehren musste m). Auch ist eine erheb-
i") Nach den von Mecatti ermittelten, bei Marchesi in der 2. Ausgabe
seines Werkes über die Dominicaner-Künstler I. 124 mitgetheilten Nach-
richten war der Bau der Kapelle schon 1320 und zwar auf Kosten desselben
Luea Guidalotti angefangen, von dem es auf seinem Grabstein von 1355 zwar
heisst: fecit fieri et depingi istam capellam, der aber in seinem Testamente
zur Vollendung 'der Malerei noch die bedeutende Summe von 325 Gold-
gulden vermachte, zu der, da sie nicht zureichte, sein Bruder Domenieo
noch 92 Goldgulden zulegte. Bei diesem Eifer der Familie ist die Voraus-
setzung, dass Luca die angefangene Ausmalung von 1338 bis 1355 unvoll-
endet gelassen, gewiss unglaublich. Man wird vielmehr annehmen dürfen,
dass er diesen weiteren Schmuck seiner Stiftung erst beim Herannahen des
Todes beschlossen. Mit der Mitwirkung Simon's fällt dann auch die An-