Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das Mittelalter Italiens und die Grenzgebiete der abendländischen Kunst (Bd. 7 = [2], Bd. 5)

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'l'oscauische 
Malerei. 
dem Bilde des Francesco 'l'raini in S. Caterina zu Pisa, aber 
tigureureicher und weniger energisch dargestellt. Der Heilige sitzt 
in der Mitte des Bildes auf prachtvollem gothischen Throne, zu 
seinen Füssen drei kauernde Gestalten, wahrscheinlich Averroes, 
Arius und Sabellius, über ihm einige schwebende Engel, neben 
ihm auf schlichten Bänken in derselben Flucht je fünf heilige 
Gestalten, nämlich zuerst die vier Evangelisten nebst Moses und 
Paulus (wie sie bei 'l'raini über ihm schwebten), dann noch je 
ein Apostel (wahrscheinlich Petrus und Jacobus) neben David 
und Salomon, so dass die ganze h. Schrift um ihn repräsentirt ist. 
Unter dieser ersten Reihe beündet sich eine zweite, in welcher und 
zwar durchweg auf prachtvollen gothischen Thronen oder Chor- 
Stühlen vierzehn weibliche Gestalten, und zu ihren Füssen eben 
so viele Männer sitzen, jene jugendlich, zart, mit mancherlei 
phantastischen Attributen versehen, diese bejahrt, in weite Ge- 
wänder gehüllt, nachdenklich gebückt, oder in irgend einer Stel- 
lung, welche ernste Arbeit andeutet. Jene repräsentiren weltliche 
und geistliche Wissenschaften und 'l'ugenden, diese die Männer, 
welche sich in ihnen anszeichneten. Die Reihe beginnt; mit der 
Grammatik und den sechs andern freien Künsten und geht dann 
zu theologischen Aufgaben über, zu den drei christlichen Tugen- 
den und zu den Disciplinen der Theologie (Praxis und Specula- 
tion) und des Rechts (kanonisches und Weltliches). DerGedanke 
sowohl als die Anordnung des Gemäldes mit der einfachenWie-" 
derholung sitzender Gestalten in horizontalen Reihen ist also un- 
gemein trocken und ohne Zweifel durch einen klösterlichen Scho- 
lastiker dem Künstler vorgeschrieben, dessen Aufgabe es nun 
wurde, dem Ganzen durch wechselnde Bewegung und durch 
Charakterisirung der einzelnen Gestalten einen Reiz zu verleihen. 
Das hat er denn auch mit grossem Erfolge gethan. Der Gegen- 
satz zwischen der Anmuth der weiblichen Reihe und dem Ernst 
der Männer ist wirksam durchgeführt, und die allegorischen Ge- 
stalten sind in Cosliim und Attributen möglichst verschieden, in 
Bewegungen möglichst belebt und durchweg von einer Lieblich- 
keit und Schönheit, dass sie schon genügen, den Beschaucr an- 
zuziehen und zu befriedigen. Der Grammatik sind andächtig zu- 
hörende Knaben beigegeben, die Rhetorik wendet sich etwas
	        
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