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Toscanische
Malerei.
chend. Besondere Erwähnung verdienen die Seene im Hause, wo
die geschäftige Martha mit der Schürze bekleidet nach aussen,
gleichsam auf die vielen zu besorgenden Wirthschaftsgeschäfte
hinweist, während die Jünger wie Maria gespannt nach dem
Munde des Herrn blicken, dann die Erweckung des Lazarus, der
hier ganz abweichend von dem Herkommen und selbst von
Giottois Beispiel, zwar mit dem Ausdrucke des Erstaunens, aber
rüstig und freudig aus dem Grabe hervorschreitet, und endlich der
Hergang am Grabe Christi, wo der Engel von höchster Schön-
heit ist. Es ist nicht undenkbar, dass statt des Taddeo sein Sohn
Angele Gaddi der Urheber sei; die weibliche Anmuth und die Art
des Vortrags erinnert wohl an die Gemälde in Prato, und es kann
sein, dass Vasari, der den Namen Gaddi hörte, wegen der un-
günstigen Vorstellung, die er von dem Sohne hatte, sie dem
Vater beilegte.
Noch dunkler ist es, von wem die Malereien in dem ehe-
maligen Refectorium von S. Croce herrühren, die Vasari dem
Giotto zuschreibt. Sie füllen die ganze Giebelwand des gewal-
tigen kirchenartigen Raumes, der jetzt leider als Teppichfabrik
dient; zunächst das Abendmahl in mehr als lebensgrossen, höchst
würdigen und ernsten Gestalten die ganze Breite der Wand ein-
nehmend; darüber in der Mitte, wie Vasari sagt: ein Kreuzes-
baum, nämlich Christus am Kreuze, dessen Füsse der h. Francis-
cus umklammert, neben welchem dann ausser den h. Frauen des
Evangeliums der h. Ludwig und andere Franciscaner und Domi-
nicaner stehn, und dessen Stamm sich oben zu Ziveigen ent-
wickelt, an denen die Evangelisten und Propheten herauswachsen,
Welche in Medaillons die Tugenden Christi rühmen. Neben die-
sem Mittelbilde stehen auf jeder Seite zwei Bilder ans den Le-
genden des h. Franz und des h. Ludwig, alle mit der dem mön-
chischen Speisesaale entsprechenden 'l'endenz, zur Enthaltsamkeit
aufzufordern. Alle diese Malereien sind sehr tüchtig, in kräftiger
Farbe und mit ernstem Geiste ausgeführt, aber gewiss nicht von
Giotto, sondern von einem späteren Meister, der weniger geist-
reich, weniger dem Ausdrucke neuer Gedanken hingegeben war,
und seine Zeichnung mit Details, die er schon genauer studirt
hatte, etwas überlud, aber doch ein feines Gefühl für Schönheit