Einfache
Sitten.
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die Beschreibung eines Festes, zu welchem die Stadt Treviso im
Jahre 1214 die Nachbarstädte einlud. Der Hauptact War die Er-
stürmung eines Castells, das von vornehmen und ausgesucht
schönen Damen mit ihren Dienerinnen vertheidigt und von edeln
Herren mit Früchten, Backwerk, Blumen und wohlriecheilden
Wassern angegriffen wurdet).
Allerdings kam es bei solchen Festen zuweilen zu ernsten
Händeln, wie denn selbst bei dem ebenbeschriebenenvenetianische
und paduanische Cavaliere aneinandergericthen, aber die Absicht
war durchaus friedlich und man rechnetees den Vornehmen als
einen Beweis guter Sitte an, wenn solche Störungen unterblie-
benaw). Es liegt offenbar der Gedanke zum Grunde, dass fried-
liche Ergötzung der Bürgerschaft eine Ehrenpflicht ihrer reicheren
Mitglieder sei, welche ihnen Zurückhaltung auflege.
Abgesehn von diesen öffentlichen Festen herrschte noch
lange eine grosse Einfachheit. Dante lässt sich von seinem Ahn-
herrn Cacciaguirla erzählen, wie in Florenz in den Tagen Kaiser
Friedrichs I. die angesehensten Männer im schlichten Lederwamms
mit hörneneil Knöpfen, die Frauen in selbstgewebten Stollen ein-
hergingen. Ricobaldi von Ferrara schildert noch im J. 1'234 eine
so grosse Einfachheit seiner Landsleute, dass sie Abends bei dem
Scheine einer von einem Diener gehaltenen Kienfackel speisten.
Villani versichert von den F lorentinern , dass sie noch 1259 nur
wohlfeile, grobe Speisen genossen, Pelze ohne Ueberzug und
Röcke von grobem flandrischen Tnche getragen hätten. Er schreibt
als Augenzeuge die Einführung der eiteln französischen Mode
erst dem Beispiele des Ilerzogs von Athen und seiner Begleiter
(1342) zu und behauptet, dass die Männer bis dahin nach Art der
togabekleideten Römer schön und würdig erschienen wären WM).
Alle diese Schilderungen haben zwar den Zweck, den gegen Ende
a) Beide Feste von dem Paduaner Rolandinus bei Muratori Seript. be-
schrieben. S. auch über solche Feste überhaupt Muratori Antiqu. Diss. Q9.
m") Von jenem obenerwähnten üorentinischexr Feste rühmt dies Malaspina
cap. 219 mit den charakteristischen Worten: Che i nobili e potenti cittadini
non attendevano ad altro che a virtü e gentilezza.
"Ü Dante Parad. XV. 97. Ricobaldi bei Murat. Script. u. Diss. '23. Gio.
Villani VI. c. 71, XII. c. 4.