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Die
Schule
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Siena.
ist übrigens nicht ganz von der Hand des Urhebers, sonders meh-
rere Stellen sind, wegen einer Beschädigung, oder weil das Bild
unvollendet geblieben war, später, doch wohl noch in demselben
Jahrhundert, ergänztk). In den Uffizien zu Florenz und im Mu-
seum zu Berlin befinden sich Tafelbilder desselben Gegenstandes,
aber in abweichenden Compositionen, die man mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit unserm Meister zuschreibt, der sich demnach
viel damit beschäftigt haben muss. Sehr würdig, von volleren
Formen und einer gewissen Grossartigkeit sind die Tafelbilder
der Geburt der Maria in der Sacristei des Domes zu Siena und
die von Engeln umgebene Madonna mit dem Kinde in den Ufli-
zien, jenes von 1342, dieses von 1340 und beide mit dem Namen
bezeichnet, und das grosse, ihm glaubhaft zugeschriebene Altar-
Werk mit der lebensgrossen Madonna in der Akademie zu Siena.
Sein Bruder, Ambrogio Lorenzetti, verband mit diesen tech-
nisohen Vorzügen einen ungewöhnlich tiefen Geist; wie Giotto,
wenn auch in andrer Weise, stellte er sich die Aufgabe, die Poesie
der Gegenstände zu erschöpfen und Gedanken zu erwecken. Ghi-
berti, der den Namen des ältern Bruders gar nicht nennt, ist im
Lobe Ambrogio's und namentlich bei der Schilderung eines seiner
Gemälde so ausführlich wie bei keinem anderen Künstler. Dies
Gemälde, einst im Kreuzgange des Minoritenklosters zu Siena,
das auch auf Vasari einen grossen Eindruck machte, dann aber
lange als verloren galt, ist neuerlich unter der Tünche noch im
Wesentlichen erhalten entdeckt und nun in die Chorkapellen der
Kirche dieses Klosters versetzt. Es enthält die Geschichte eines
Franciscaners von seiner-Jugend an, besonders aber seine Schick-
sale bei den Saracenen, zu deren Bekehrung er sich in Begleitung
mehrerer Brüder aufgemacht hatte, ihre Predigten, ihr Verhör
vor dem Sultan, die Martern, welche dieser über sie verhängt,
und endlich ihre Enthauptung. Bei dieser erhebt sich ein Sturm,
santo, Taf. 14] um sich zu überzeugen, dass Rumohfs Aeusserung (II. 107),
dass „Alles auf das genaueste der neugriechischen Darstellung dieser Auf-
gabe nachgebildet sei", höchst übertrieben ist.
Wie Rosini und Lasinio vermuthen, von Antonio Veneziano, welcher
dicht daneben einen Theil der Geschichte des h. Ranieri im J. 1388 malte,
aber auch schon 1369 und 1370 in Pisa arbeitete.