Simon
Martini.
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seiner Werke und die Bestellungen und Berufungen, die er bei
Seinem Leben erhielt, beweisen, dass er seinen Ruhm nicht erst jener
Empfehlung verdankte, und seine erhaltenen WVerke setzen sein
Verdienst ausser Zweifel. Vasari erklärt ihn für einen Schüler
Giottols, aber seine Werke, namentlich schon sein erstes Jugend-
Werk, beweisen das Gegentheil. Es ist dies das grosse Fresco-
bild, welches mit Einschluss seiner Randverzierungen die ganze
fast 40 Fuss breite und 50 bis 60 Fuss hohe WVand im grossen
Rathssaale des öffentlichen Palastes von Siena füllt. Madonna
sitzt auf dem Throne unter einem reichen, von acht Heiligen ge-
tragenen Baldachine, auf ihrem Schoosse steht das segnende
Kind, auf jeder Seite knien zwei Engel, Körbe mit Blumen darrei-
chend, und die vier Patrone der Stadt, dahinter dann noch andere
Engel und Heilige, zusammen (ohne die Heiligenköpfe in der Ein-
rahmung des Feldes) über dreissig Figuren. Die Anordnung ist
lmgeachtet der vielen Köpfe und Heiligenscheine klar, edel, und
frei von der Monotonie horizontaler Linien, die sich dabei so leicht
einfindet. Die Ausführung zeigt noch Anklänge des älteren Sty-
les und Unvollkommenheiten in der Modellirung und Zeichnung,
aber die Jungfrau und das Kind sind von so grossartiger Schön-
heit und die übrigen Gestalten von so zarter Emptindung und so
liebenswürdiger Unschuld und Innigkeit, dass das Ganze zu den
anziehendsten Werken dieser Zeit gehört und ganz dem schlich-
ten und frommen Geiste entspricht, den einige am Fusse des
Throncs angebrachte italienische Verse ausdrücken?) Eine
Aßusserungen "dem armen Leben Meister Simon's" mehr Ruhm gegeben hätten
ülld geben würden, als alle seine Werke. Die Sonette Nro. 56, 57 u. 99
in Petrarcak Gedichten sind auch bei Cicognara III. 307 abgedruckt.
In einem ersten Verse scheint das Christkind zu sprechen:
Li angelichi fiorecti, rose e gigli
Onde s'adorna 10 celeste prato
Nou mi diletton piü che bucn consigli
Ma talor veggic chi per proprio stato u. s. w.
(Die Engelsblumen, Lilien und Rosen, mit denen sich der Himmelsgarten
schmückt, Erfreuen mich nicht mehr als guter Rath. Doch manchmal seh
ich, der zu eignem Vortheii Verachtet mich und täuschet meine Stadt etc.)
In einem zweiten Verse, der ausdrücklich als Responsio virginis ad
dicta Sanctorum überschrieben ist, eröffnet sie den Heiligen, dass sie ihre
frommen, ehrsamen Bitten erhören werde. Aber für die Mächtigen, welche