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Italien
im
XIII.
Jahrhundert.
sichtigen Männer fühlten wenigstens, dass mit der Annahme einer
unbedingten geistigen Herrschaft der Gestirne alle moralische Zu-
rechnung fortfalle. Dante beweist daher ausfiirlich und Giovanni
Villani spricht es als die richtige Ansicht aus, dass sie nur einen
Anreiz, eine Anlage gäben, die aber durch die Willensfreiheit zu
überwinden sei. Aber die Einwirkung der Gestirne ganz zu
läugnen, wagten nur Wenige und auch diese ohne Erfolg. Auf
den meisten Universtäten gab es Lehrer dieser zweideutigetx
Wissenschaft und fast alle Krieger und Staatsmänner, selbst
mehrere Päpste und zuweilen auch die Städte hatten ihre angestell-
ten Astrologen, welche sie bei Wichtigen Unternehmungen officiell
zu Bathe zogen. Sogar der kluge Friedrich Il. führte stets einen
in seinem Gefolge herum, und Ezzelino umgab sich mit einer gan-
zen Schaar, vielleicht um nicht einen in alle seine Verbrechen ein-
wzuweihn.
Es ist ein ganz ähnlicher Aberglanbe Wie der, Welcher zu
allen Zeiten bei Jägern, Schiffern und Kriegsleuten angetroffen
wird, und aus der leidenschaftlichen Begierde des Erfolgs neben
dem Gefühl der Abhängigkeit von der unvollkommen verstandenen
Natur hervorgeht. VVenn ein solcher Aberglaube dann aber sich
auf die höhern Stände und auf das Gebiet moralischen Handelns
erstreckt und Wissenschaftliche Form annimmt, ist dies ein Be-
Weis, dass eine ähnliche Stimmung leidenschaftlichen Begehrens
vorherrscht und den beginnenden, aber noch unvollkommenen und
daher irreleitenden Gedanken der Gesetzlichkeit der Natur sich
dienstbar macht. In Zeiten vorherrschender religiöser Zucht und
gläubigerErgebung wird daher ein solcherVVahn ebensowenig auf-
kommen Wie in Zeiten geläuterter Natm-Wissenschaft. In den nor-
dischen Ländern gewann daher auch die Astrologie erst im XVI. und
XVII. Jahrhundert einen ausgedehnten Einfluss, und es ist charakte-
ristisch, dass sie in Italien schon im XIII. dieselbe Bedeutung hatte.
Es hängt dies damit zusammen, dass die Wissenschaften
überhaupt hier schon frühe einen mehr modernen Standpunkt und
eine grössere Popularität erlangten. Zwar die höchste der da-
maligen YVissenschaften, die scholastische Philosophie, gedieh
hier niemals. Nicht, dass man Sie für entbehrlich gehalten hätte.
Denn insoweit stand Italien noch ganz auf dem Boden des Mittel-