Zünftige
Stellung
der
Künstler.
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Wie sehr dieser Geist grade durch die zünftige Erziehung
befordert wurde, mögen einige Stellen aus dem 'l'ractate des Cen-
nino beweisen. Küste dich, so ruft er in der Einleitung dem Jün-
ger der Kunst zu, rüste dich mit Liebe, Furcht, Gehorsam und
Beharrlichkeit, und dann begieb dich unter die Leitung eines
Meisters so frühe du kannst und bleibe darin so lange du kannst.
Ein Jahr, so bestimmt er näher, soll der Knabe vorbereitend zeich-
nen, dann in die Werkstätte eintreten und da zuerst sechs Jahre
mit den untergeordneten Arbeiten, mit F arbenreiben, Leimkoehen,
Gypsauftragen und dann noch eben so lange mit Zeichnen und
Malen zubringen. Suche, sagt er an einer anderen Stelle, viel
nach grossen Meistern zu zeichnen, und zwar nach den besten
und berühmtesten, und wenn du an einem Orte lebst, wo viel gute
Meister sind, desto besser für dich. Aber hüte dich dabei zu wech-
seln, denn wenn du heute nach diesem, morgen nach jenem ar-
beitest, Wirst du Weder des einen noch des andern Manier erlan-
gen und schwankend und unsicher werden. Bleibst du aber bei
einem und demselben, so muss dies Frucht bringen, und du Wirst
später, sofern du nur ein wenig Phantasie von der Natur erhalten
hast, dir auch eine eigne Manier bildende). Wie wenig diese Er-
mahnungen blosse Worte Waren, beweist schon die 'l'reue, mit der
Taddeo Gaddi, obgleich er inzwischen zum bedeutenden Künstler
herangereift war, in Giottois WVerkstatt 24 Jahre, und Cennino
in der des Agnoto Gaddi 12 Jahre ausharrte, und endlich die
Verehrung, in der Giotto noch lange nach seinem Tode bei Cen-
nino, der höchstens sein künstlerischer Llrenkel war, und bei
Ghiberti, dessen Zusammenhang mit ihm noch loser ist, ja man
kann sagen bei allen Künstlern standw).
i") Vgl. hauptsächlich die Kap. 3 und 104 des Tractats.
H) Als ein Beispiel der Pietät mag hier die Inschrift Platz finden, in
welcher sich der unten näher zu erwähnende Tinus von Siena an einem
Grabmale im Dome zu Florenz v. J. 1321 nennt: Operum de Senis natus
QX magistro Camaino in hoc sitn florentino Tinns sculpsit omne latns. Hune
P10 patre genitivo decet inclinari, ut magister illo vivo nolit appellari. (In
llllvollkommener Uebersetzung: Stainmend von dem Dombaumeister der
Seneser Camaino hat im Florentiner Lande diese Wand gemeisselt Tino.
Welcher, solchem Vater seine schuld'ge Ehrfurcht zu bekennen, will sich
Während dieser lebet niemals Meister nennen).